Scholz-Boom hilft Direktkandidaten

Stormarner Tageblatt  28.09.2021

Kreis Stormarn: SPD in allen Wahlkreisen bei den Erststimmen vorn / CDU-Konkurrenz stürzt ab

Patrick Niemeier

Am Ende jubelten überall in den Stormarner Wahlkreisen die Direktmandats-Kandidaten der Sozialdemokraten. Nachdem 2017 noch alle Wahlkreise fest in der Hand der CDU waren, gingen die Christdemokraten in Sachen Erststimme dieses Mal leer aus.
Der genau Blick auf die Ergebnisse zeigt: Diese decken sich absolut mit dem Bundestrend. Der Hype um Olaf Scholz wirkte sich also auch auf den Norden aus.

Wahlkreis 9: Bettina Hagedorn siegt gegen Ingo Gädechens
Mit Ingo Gädechens (Wahlkreis 9) und Gero Storjohann (Wahlkreis 8) unterlagen auch zwei CDU-Kandidaten, die bei den letzten Wahlen noch über die Erststimme in den Bundestag eingezogen waren und auch dieses Mal als Favoriten galten. Norbert Brackmann (Wahlkreis 10) war für die CDU nicht nochmal angetreten. Für ihn ging Thomas Peters ins Rennen – und verlor.
Seit 2009 hatten sich CDU-Mann Gädechens mit der SPD Kandidatin Bettina Hagedorn im Wahlkreis 9 einen Zweikampf um das Direktmandat geliefert. Drei Mal gewann Gädechens diesen Vergleich, dieses Mal zog er den Kürzeren. Dass Hagedorn von der Aufbruchstimmung um Kanzlerkandidat Olaf Scholz profitierte, kann als sicher gelten. Hagedorn ist parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium. Ihr Chef dort: der bisherige Finanzminister Scholz.
Hagedorn erklärte bereits am Wahlabend, dass die mögliche Kanzlerschaft von Olaf Scholz ein wesentliches Argument für SPD-Stimmgewinne allgemein sei. „Die Menschen an den Wahlständen haben mir immer wieder gesagt, Olaf Scholz muss Kanzler werden“, berichtet Hagedorn.
Mit 33,7 Prozent konnte sie ihr Ergebnis von 2017 um 2,9 Prozent verbessern. Gleichzeitig profitiert sie von den immensen Verlusten bei Ingo Gädechens, die ebenfalls mit dem Bundestrend zusammenhängen dürften -anderen CDU-Direktkandidaten erging es ganz ähnlich. Gädechens verlor im Vergleich zu der Bundestagswahl vor vier Jahren satte 11,2 Prozent seiner Stimmen. In den Bundestag wird er trotzdem einziehen können. Gestern stand fest, dass es aufgrund seiner Position auf der Landesliste reichen wird.

Wahlkreis 8: Bengt Bergt siegt gegen Gero Storjohann
Ähnlich sieht es bei Gero Storjohann im Wahlkreis 8 aus. Auch er wird weiterhin für die CDU im Bundestag sitzen, weil er auf der Landesliste entsprechend prominent platziert ist. Seit 2005 hatte er jedes Mal das Direktmandat im Wahlkreis gewinnen können. Zuletzt war er 2002 gegen SPD-Mann Franz Thönnes unterlegen. Dieses Mal fiel die Niederlage ebenso herb wie überraschend aus. Der zuvor im Wahlkreis noch relativ unbekannte SPD-Kandidat Bergt Bengt konnte 32 Prozent der Erststimmen auf sich vereinen. Das war ein Plus von 4,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2017.
Storjohann verlor zugleich stattliche 13,2 Prozent der Erststimmen im Vergleich zur Bundestagswahl 2017. „Ich darf erneut über die Landesliste der CDU als Abgeordneter Schleswig-Holstein und meine Region in Berlin vertreten. Ich bedanke mich auch bei meinen Unterstützerinnen und Unterstützern für einen tollen und engagierten Wahlkampf und gratuliere Bengt Bergt zum direkten Einzug in den Bundestag“, zeigt sich Storjohann am Montag als fairer Verlierer, der die Niederlage auch sportlicher nehmen kann, weil er sein Mandat behält. Bergt bedankte sich per kurzer Mitteilung bei seinen Wählern. Er bedanke sich für das Vertrauen. „Jetzt geht die Arbeit erst richtig los. Für mich gilt auch nach der Wahl: nicht schnacken – machen“, nimmt er Bezug auf seinen Wahlslogan. Bergt hatte einen engagierten und umfangreichen Wahlkampf in der Region geführt.

Wahlkreis 10: Nina Scheer siegt gegen Thomas Peters
Die dritte im Bunde der Direktmandat-Sieger und -Siegerinnen ist seine Partei-Genossin Dr. Nina Scheer. Im dritten Anlauf gelang es ihr, den Wahlkreis 10 zu gewinnen. Zuletzt hatte die SPD den Wahlkreis 2002 für sich entscheiden können. Gelungen war das insgesamt erst drei Mal: 1998 und 2002 mit Kandidat Thomas Sauer, 1980 von Eckart Kuhlwein.
Zwei Mal war Scheer 2013 und 2017 am Christdemokraten Norbert Brackmann gescheitert. Doch der trat dieses Mal nicht mehr an. Ob er ein besseres Ergebnis für die CDU geholt hätte? Das darf zumindest angezweifelt werden. Denn auch hier zeigt sich eine sehr deutliche Tendenz, dass die Stimmgewinne und -verluste sich dem Bundestrend anpassen. Scheer holte den Sieg mit einem Stimmen-Plus von 3,8 Prozent. Gleichzeitig büßte Brackmanns Nachfolger Thomas Peters 12,9 Prozent der CDU-Stimmen ein. Auch Scheer war sich des „Scholz-Faktors“ bewusst: „Das Ergebnis passt zu der vielerorts wahrzunehmenden Stimmung der Bürgerinnen und Bürger. Die Menschen haben eine gestärkte SPD gewählt.“
Im Wahlkreis 10 hatte man auch dem Grünen Konstantin von Notz den Sieg bei den Direktmandaten zugetraut. Doch – auch hier lässt der Bund grüßen – gelang dem zuvor als „Geheimfavoriten“ gehandelten Grünen am Ende „nur“ der dritte Platz. Auch von Notz zieht aber über die Landesliste der Grünen in den Bundestag ein, wie er selbst gestern mitteilte.

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