Was darf Klimaschutz kosten ?

Stormarner Tageblatt  17.11.2021

Klimaschutz oder Aktionismus? Streit über die LED-Straßenbeleuchtung in Bad Oldesloe

Präsentation der LED-Laternen im Jahr 2019 in einem Ausschuss der Stadt Bad Oldesloe.  Patrick Niemeier
Präsentation der LED-Laternen im Jahr 2019 in einem Ausschuss der Stadt Bad Oldesloe. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier

Die Emotionen kochten hoch, der Frust auf beiden Seiten stieg. Es sei „blinder Aktionismus“ ja sogar „gegen jede Nachhaltigkeit“ schimpft die eine Seite. Es sei „unverantwortlich einfach so weiterzumachen“ und eine „effektive Klimaschutzmaßnahme“ erwiderte die andere. Die Bad Oldesloer Politik hat sich in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung einen geradezu beispielhaften Streit rund um die „richtige Klimaschutzpolitik“ geliefert.
Entbrannt war die kontroverse Diskussion an einem Antrag der Grünen-Fraktion, den Wilfried Janson gestellt hatte. Darin ging es darum, die 2020 begonnene Umstellung der gesamten Straßenbeleuchtung in Bad Oldesloe auf energiesparende und insektenfreundliche LED-Beleuchtung fortzusetzen und somit abzuschließen.

Der erste Teil der Umrüstung ist abgeschlossen
Denn der erste Teil der Umrüstung 2647 Straßenlaternen ist zwar seit Herbst 2020 abgeschlossen, es blieben aber noch ungefähr zehn Prozent im Stadtgebiet übrig, die weiterhin mit alten Leuchtmitteln betrieben werden. „Einen Teil wollen wir eigentlich erst mit dem Stadtumbau in der Fußgängerzone umbauen. Bei einem anderen Teil geht es darum, dass diese Laternen erst vor relativ kurzer Zeit neu angeschafft wurden und noch gar nicht fertig abgeschrieben sind“, erklärt Bürgermeister Jörg Lembke, wie es überhaupt zu dieser Situation gekommen sei.
Ein Teil der alten Straßenlaternen sei noch nicht fertig abgeschrieben. Es drohe daher ein Vermögensverlust für die Stadt von über 100.000 Euro. Außerdem müsste man Fördergelder zurückzahlen. Tue man das nicht, würden die neuen Straßenbeleuchtungen nicht gefördert. Kurzum: es wäre eine relativ teure Umrüstung, die aus Sicht der Verwaltung noch warten könne, bis Laternen saniert werden müssten oder wenigsten komplett abgeschrieben seien. Die Grünen blieben aber bei ihrem Antrag. „Die durchgeführte Umrüstung hat zu erheblichen Energie- und Kosteneinsparungen geführt. Daher ist die restliche Umrüstung auch sinnvoll“, sagte Janson.
Noch dazu sei es wohl bei den Laternen in der Fußgängerzone vermutlich nur notwendig andere Leuchtmittel in die Fassung einzudrehen. Außerdem sei der Restwert der alten Laternen sicherlich niedriger als 100.000 Euro. Denn es gebe für die veraltete Technik gar keinen Markt mehr.
Der parteilose Andreas Lehmann unterstützte den Grünen-Antrag. „Es ist keine Geldverschwendung, sondern langfristig gesehen nicht nur eine Klimaschutz- sondern auch eine Sparmaßnahme. Wir sparen mit der modernen Technik jede Menge Geld“, sagte er. Er sehe den Vermögensverlust nicht und finde den Begriff auch falsch, wenn es nur um eine Abschreibung gehe.
Matthias Rohde (FBO) platzte der Kragen. „Das ist wie bundesweit mit den Grünen und dieser Diskussion. Es ist purer Aktionismus und einfach nur eine teure Angelegenheit. Es wird nur an sich selbst gedacht. Vielleicht hat bei ihnen ja noch jemand einen Vorteil davon“, schimpfte er. Es habe nichts mit Klimaschutz zu tun, funktionierende Leuchtmittel wegzuwerfen. Das sei Ressourcenverschwendung.
Ähnlich argumentierte Anita Klahn (FDP). „Sehe ich das richtig, dass die Grünen funktionierende Technik abbauen und entsorgen wollen und damit eine Menge überflüssigen Müll erzeugen? Ist das der schonende Einsatz von Ressourcen, von dem Sie sprechen?“, fragte die Liberale rhetorisch. „Wir können es uns nicht leisten, immer nur zu schauen, ob es wirtschaftlich ist Klimaschutz zu betreiben. Es kostet was. Es gibt Verluste, auch schmerzhafte finanzielle Verluste. Das ist doch klar“, sagte Hendrik Holtz (Die Linke).
Es könne aus seiner Sicht nicht sein, dass Klimaschutz immer direkt erstmal auf Wirtschaftlichkeit abgeklopft werde. „Dann ist am Ende die Welt zerstört, aber ein paar Ökonomen freuen sich über die schwarze Null“, fügte er an.

„Wir haben verstanden“ nur Lippenbekenntnis
Außerdem habe er den Eindruck, dass das Statement des Kreistags gegenüber der „Fridays for future“ Bewegung unter dem Titel „Wir haben verstanden“ wohl nichts als Lippenbekenntnisse seien, wenn man sehe, wie Parteien immer noch argumentieren.
Das wollte spannenderweise Dr. Gerold Rahmann im Namen der Kreis-Grünen nicht auf sich sitzen lassen. „Im Kreis Stormarn sind wir sogar landesweit sehr weit vorne. Die Linken waren allerdings in den entscheidenden Sitzungen zum Klimaschutz gar nicht dabei“, teilte der Kreistagsabgeordnete gegen Holtz und die Kreisfraktion der Linken aus.

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