Stormarner Tageblatt 13.12.2021
Trotz großen Defizits verzichten Bad Oldesloer Lokalpolitiker auf mehr Grund- und Gewerbesteuer
Patrick Niemeier
Es ist schon nach 19 Uhr. Die Stimmung in der Bad Oldesloer Festhalle ist mittlerweile etwas gereizt. Es geht langsam auf die Zielgerade der Haushaltsberatungen des Finanzausschusses. Seit 10 Uhr am Vormittag tagen die ehrenamtlichen Ausschussmitglieder gemeinsam mit Bürgermeister Jörg Lembke und weiteren Mitgliedern der Verwaltung.
Es sind intensive Stunden, voller Diskussionen und unzähliger Abstimmungen. Viele Geschichten könnte man erzählen aus dem, was am gesamten Tag geschah. Vom Verwaltungschef, der mit mittlerweile weit aufgeknöpftem Hemd, verschränkten Armen und hochrotem Kopf an die Decke starrt und ordentlich durchatmet, während ihm von der FBO mehrfach unterstellt wird, die Stadt lasse Straßen absichtlich verfallen.
Man könnte die Geschichten erzählen von Ausschussmitgliedern, die emotional für neue Schul-Sozialarbeiter und Klimamanager kämpfen und denen, die ihnen pragmatisch antworten. Es sind unzählige Themen, die auf den Tisch kommen und die das Tageblatt auch allesamt noch beleuchten wird. Denn es geht ja schließlich bei dem Haushalt um zukünftige Projekte. Um die Dinge, die in den Jahren 2022 und 2023 in Bad Oldesloe finanziert werden sollen.
Doch bevor sich dieser Text in all den kleinen, politischen Diskussionen verliert, lässt sich eine Sache festhalten, die zentral für viele Bürger ist. Die Grundsteuer und die Gewerbesteuer werden nicht erhöht. SPD, Grüne und der fraktionslose Andreas Lehmann sahen das zuvor noch als legitime Option an, um Projekte gegenfinanzieren zu können.
CDU, FDP und FBO gegen Steuererhöhungen
„Es ist die komplett falsche Zeit dafür. Noch immer kämpfen Geschäfte um ihr Leben und auch Privatpersonen geht es nicht gut und dann kommen wir mit Steuererhöhungen um die Ecke? Wenn sie unsere Einsparungen nicht wollen, die wir vorgeschlagen haben, können wir nicht stattdessen Steuererhöhungen zustimmen“, sagte Matthias Rohde (FBO).
Die CDU verstand den Vorschlag des parteilosen Andreas Lehmann und der SPD, möchte aber noch ein Jahr warten und dann schauen, wie sich beschlossene Ideen wie die drei zusätzlich in den Haushalt aufgenommenen Schulsozialarbeiter oder auch der Klimamanager wirklich finanziell niederschlagen.
Wilfried Janson von den Grünen rechnete vor, dass die geplante Erhöhung nur fünf oder zehn Euro für Hauseigentümer bedeuten würde und dass das wohl ein fairer Anteil sei, um damit soziale Projekte auf den Weg zu bringen. Carsten Stock von der SPD zeigte sich erstaunt: „Es wird immer gemahnt, dass man Gegenfinanzierungen aufzeigen soll. Jetzt machen wir das und ausgerechnet die, die das immer fordern, stimmen nun dagegen.“
Ziel der langen Sitzung war es vor allem die bestehenden Fehlbeträge von 6,7 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2022 und 3,6 Millionen Euro für das Jahr 2023 zu verringern. Allerdings fiel dabei auf, dass es in der Vergangenheit immer wieder dazu gekommen war, dass ein vermeintlich schlecht finanziell unterfütterter Haushalt am Ende des Jahres positiver abschloss. Das lag vor allem daran, dass Projekte eingestellt worden waren, die nicht zur Umsetzung kamen.
Nicht beschlossene Projekte unberücksichtigt
Daher wurde dieses Mal ein neuer Weg gewählt. Projekte, die noch nicht final in den Fachausschüssen beschlossen wurden oder die wahrscheinlich nicht 2022 oder 2023 umgesetzt werden, werden gar nicht erst präventiv im Haushalt geplant.
Das betraf zum Beispiel „Kunst am Bau“ mit über 100 000 Euro oder auch einen Pumptrack und eine Toiletten-Anlage auf dem Exer. Auch der geplante Ankauf von Grundstücken durch die Stadt wurde mit deutlich weniger Finanzmitteln ausgestattet, als zunächst geplant.
Eine Geschichte des langen Verhandlungs-Tages war auch die Sitzungsleitung durch den unaufgeregt, souveränen Thorsten Lohse (CDU, kleines Foto), der Lob von mehreren Parteien einheimste und das auch verdientermaßen.
Selbst in hektischen Phasen behielt er jederzeit mit pragmatischem Vorgehen und viel demokratischem Verständnis auch für andere Meinungen die Übersicht und so konnte am Ende der Haushalt mit Gegenstimmen der FBO mehrheitlich so beschlossen werden, dass er heute in der Stadtverordnetenversammlung beraten und final abgestimmt werden kann.
Neue Bilanz am Montag erwartet
Nachdem zu Beginn der Sitzung mit einem Gesamtertrag von 68,2 Millionen Euro bei 74,9 Millionen Euro Ausgaben für das Jahr 2023 und 67,8 Millionen Euro Einnahmen und 71,4 Millionen Euro Ausgaben für 2023 kalkuliert worden war, liegt es jetzt an der Kämmerei der Stadtverwaltung bis Montagabend die neuen Zahlen errechnet zu haben. „Ich gehe davon aus, dass wir eine deutliche Verbesserung herstellen konnten“, sagte der parteilose Stadtverordnete und Finanzexperte Andreas Lehmann nach dem Ende der Marathonsitzung des Finanzausschusses.