Verwaltung übernimmt alle Azubis

Stormarner Tageblatt  05.02.2022

Alle Auszubildenden der Stadtverwaltung Bad Oldesloe bleiben – dies liegt an verschiedenen Faktoren

Lena Knoll, Jonas Wagner und Kimberly Burghardt sind nach ihrer erfolgreichen Ausbildung von der Stadt Bad Oldesloe übernommen worden.  Patrick Niemeier
Lena Knoll, Jonas Wagner und Kimberly Burghardt sind nach ihrer erfolgreichen Ausbildung von der Stadt Bad Oldesloe übernommen worden. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier

Bürgerhaus Bad Oldesloe, grauer Himmel und Nieselregen vor den Fenstern und drinnen Corona-Regeln. Das kling ein wenig trist, doch die Stimmung in den Räumlichkeiten, wo sich der Bürgermeister Jörg Lembke mit Verwaltungsmitarbeitern und der Presse trifft, ist gut.
Lembkes neue Verwaltungskollegin Lena Knoll schaut selbstbewusst in die Runde der Anwesenden und sagt: „Ich habe mich hier immer wertgeschätzt gefühlt und daher bleibe ich gerne.“ Mit „hier“ meint die junge Frau nicht nur die Kreisstadt, sondern die Stadtverwaltung. Sie hat gerade ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten abgeschlossen und ist direkt im Bereich „Organisation und IT“ eingestellt worden. Positiv sei ihr auch aufgefallen, dass man mitreden durfte, in welchem Bereich man später gerne eingesetzt werden wolle. Die Herausforderungen im Bereich Organisation und IT gefallen ihr, sagt sie.
In Zeiten von einem sich stetig zuspitzenden Fachkräftemangel ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass gut ausgebildete Mitarbeiter in einer Verwaltung bleiben. Denn sie haben viele Optionen. Doch in Bad Oldesloe wird dieser Vorgang mittlerweile zur Regel und die Kreisstadt zum Vorbild.
Zum zweiten Mal in Folge konnten Ausbildungsleiterin Jennifer Lehmann und Bürgermeister Jörg Lembke nicht ohne Stolz verkünden, dass erneut alle drei Auszubildenden, die im Januar ihre letzten Prüfungen bestanden hatten, übernommen wurden und das auch ohne langes Zögern oder Pokern so wollten.
„Frau Lehmann hat da auch wirklich mit ihrer Art etwas bewegt in letzter Zeit. Das kann man ihr gar nicht hoch genug anrechnen“, sagt Lembke. Auch ihm selbst als Verwaltungschef sei es aber ein Anliegen, die Fachkräfte von Morgen im eigenen Haus auszubilden und zu halten. Eine Besonderheit: „Wenn wir uns für einen Auszubildenden entscheiden, dann sagen wir ihm direkt zu, dass er, nachdem er seine Prüfungen bestanden haben wird, definitiv übernommen wird. Und das auch nicht nur für ein Jahr“, stellt Lembke klar.
Und dazu sei man auch bereit, die Art der Ausbildung anzupassen. Kimberly Burghardt hat ebenfalls gerade ihre Prüfung zur Verwaltungsfachangestellten bestanden. Die Besonderheit bei ihr: Sie machte das alles in Teilzeit. „Ich habe ein kleines Kind und so war es mir möglich, das beides parallel zu machen. Das war für mich genau richtig“, sagt sie. Auch sie bleibt nun der Stadt erhalten und ist im Bereich der Betreuung von Schulen, Kitas oder auch dem Beirat für Menschen mit Behinderung aktiv. „Ich bin ein großer Freund davon, Auszubildende auch zu übernehmen. Neue und junge Leute bringen frische Ideen und Wind mit. Das tut unserer Verwaltung gut“, sagt Lembke. Und dass die Auszubildenden dann auch tatsächlich bleiben, zeige, dass sie sich wohl fühlen. Ein gutes Beispiel dafür ist auch die ehemalige Auszubildende Anna-Lena Wriedt, die seit vergangenem Jahr direkt in verantwortungsvoller Position unter anderem für Wahlen und Ausschüsse zuständig ist und für ihre Arbeit Lob von vielen Seiten bekommt. In den nächsten Jahren werden immer wieder und immer mehr Mitarbeiter älterer Jahrgänge ausscheiden. Besonders beim Bauhof sei das auch der Fall, wie Lehmann und Lembke berichten. Dort hat Jonas Wagner gerade seine Ausbildung abgeschlossen. Vom Straßenwärter ist er in Richtung Gartenbau gewechselt. „Der Bereich der Baumkontrolle macht mir besonders viel Spaß“, erklärt er. Auch er habe sich immer gut aufgehoben gefühlt und sei froh, dass er nun bei der Stadt bleiben könne. Diese Aussagen ziehen sich durch die Gespräche mit den ehemaligen Auszubildenden und sie wirken nicht wie Lippenbekenntnisse, weil ihr Chef gerade mit am Tisch sitzt. Alle drei haben sich auch entweder in der Jugendausbildungsvertretung oder bei Jobmessen und Co. eingebracht. Die Identifikation mit der Ausbildungs- beziehungsweise jetzt ja Arbeitsstelle sei hoch. Mit der Stimmung im Team kann Bad Oldesloe offenbar punkten. Das neue Konzept unter der neuen Leitung durch Jennifer Lehmann geht auf.
Auch im Bereich der Erzieher, die bekanntermaßen auf dem Markt rar sind, bildet die Stadt seit Sommer 2021 selbst aus. Dabei geht es auch erneut darum, neue, eigene Fachkräfte heranzuziehen, aber für den Verwaltungschef spielt bei den Erziehern auch noch ein anderer Faktor eine wichtige Rolle. „Bei uns erhalten die Erzieherinnen und Erzieher auch in der Ausbildung schon ganz normal eine Ausbildungsentschädigung.
Wenn sie auf eine der entsprechenden Schulen gehen, müssen sie sogar dafür bezahlen. Wir empfinden das als ungerecht“, sagt Lembke.
Für den nächsten Ausbildungsstart sind bereits alle Plätze bei der Stadt Bad Oldesloe wieder besetzt. Nur eine ganze neue weitere Möglichkeit eröffnet sich in den nächsten Tagen nochmal. „Wir suchen für den Bereich Gärtner noch nach einer oder einem Auszubildenden“, erklärt der Bürgermeister.

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