Strom: Bad Oldesloe 2023 autark?

Stormarner Tageblatt  17.02.2022

Die Kreisstadt könnte bald mehr Elektrizität ökologisch produzieren als sie selbst braucht

Patrick Niemeier und Finn Fischer

Bekommt Bad Oldesloe bald nicht nur einen, sondern sogar zwei Solar-Parks? Es könnte tatsächlich passieren. Bad Oldesloe würde dann in naher Zukunft mehr regegenerativen Strom erzeugen, als es selbst benötigt. Das große politische Diskussionsthema bleibt aber, ob dafür ausreichend Flächen vorhanden sind.
Wenn alles nach Plan läuft, wird die Kreisstadt schon im nächsten Jahr bei der Stromerzeugung rechnerisch autark sein. Mit der Windkraftanlage der Stadtwerke, die 2022 bei Steinfeld entsteht, und einem geplanten Solarpark im Oldesloer Ortsteil Blumendorf an der A 21 käme Bad Oldesloe auf über 100 Prozent erneuerbare Energien.

Anlagen auf Dächern reichen nicht aus
Wenn jetzt noch ein weiterer Solarpark gebaut werde, würde auf dem Stadtgebiet sogar ein Überschuss produziert werden. Und genau das hat das Hamburger Unternehmen SolarWind im Bad Oldesloer Osten an der A 1 vor. Im Wirtschafts- und Planungsausschuss stellte Projektleiter Uli Brodbeck entsprechende Pläne vor, die in der Lokalpolitik auch durchaus Anklang fanden.
Solaranlagen ausschließlich auf Dächern zu installieren wird nicht reichen, um den wachsenden Strombedarf in den nächsten Jahrzehnten zu decken, ist Brodbeck überzeugt: „Wenn wir schnell sein wollen, sind auch Freiflächen extrem wichtig.“
Mehrere Potenzialflächen, das hat eine Untersuchung des Unternehmens ergeben, befinden sich an der A 1 in Bad Oldesloe-Ost. Dort könnte etwa auf einem langgezogenen Areal direkt an der Autobahn ein Solarpark entstehen. Weitere mögliche Flächen befinden sich nördlich angrenzend an dem dort kürzlich erschlossenen Gewerbegebiet.
„Ob und in welchen Umfang wir dort einen Solarpark bauen, ist letztlich die Entscheidung der Lokalpolitik“, sagt Brodbeck. Bis zu 75 Megawatt Peak könnten dort produziert werden. Im Ausschuss stellte der Projektleiter auch heraus, dass sich der Eingriff in die Natur in Grenzen halten würde. Grünzüge bleiben unberührt. Die Flächen sind außerhalb des Landschaftsschutzgebietes und Waldflächen wären auch ein Ausschlusskriterium.
„Wir werden den Boden dort nicht versiegeln. Die Gestelle der Module lassen sich leicht wieder abbauen“, sagt Brodbeck. Der Solarpark könnte der Natur sogar nützen. Denn zwischen den Solarmodulen soll diverses Saatgut ausgebracht werden. Dadurch entsteht ein Rückzugsgebiet für Insekten und Vögel.
Auch für Bad Oldesloe soll sich der Solarpark auszahlen. Nach der Abschreibung der Anlage nach acht Jahren bekommt die Stadt 90 Prozent der Gewerbesteuer. Außerdem im gesamten Zeitraum von mindestens 30 Jahren 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde. Das Unternehmen will außerdem Beteiligungsmodelle für Bürger und vergünstigten Ökostrom anbieten.
Auch für den Netzanschluss sorge SolarWind selbst. Brodbeck: „Wir gehen davon aus, dass wir ein eigenes Umspannwerk bauen werden.“ Innerhalb von zwei Monaten nach dem Beschluss kann das Unternehmen anfangen zu bauen. Ob SolarWind an der A1 tatsächlich bauen darf, entschied der Wirtschafts- und Planungsausschuss noch nicht. Trotz allgemeinem Zuspruch. Allerdings gebe es auch noch andere Projekte, die in den nächsten Jahren Flächen benötigen dürften.
„Es gibt in dem Bereich einen extremen Flächenkonflikt“, sagt Wilfried Janson (Die Grünen). Die Stadt müsse etwa darauf achten, Flächen für Solarthermie vorzuhalten, führte Janson erneut aus. Dieses Argument hatte er bereits mit Bezug auf die Ansiedlung von Gewerbeunternehmen mehrfach vorgetragen.
Was die Stromerzeugung angeht, sei Bad Oldesloe bereits im nächsten Jahr dank der neuen Windkraftanlage der Stadtwerke und dem ersten Solarpark rechnerisch autark. Anders sei das bei der Fernwärme. „Wir haben daher auch den Antrag gestellt, einen kommunalen Wärmeplan aufzustellen. Dann wissen wir, wo wir welche Flächen brauchen“, so Janson. Vorher sollte man nicht entscheiden.
Ein weiterer Aspekt ist die räumliche Nähe zum Gewerbegebiet. Björn Wahnfried (SPD): „Die beiden Flächen direkt hinter dem Gewerbegebiet sehe ich kritisch, weil die sich für eine Erweiterung des Gewerbegebiets anbieten würden. Aber das Projekt an sich finde ich schön und spannend.“
Ähnliche Diskussionen waren auch im August 2021 rund um ein angedachtes, gemeinsames Gewerbegebiet mit der Gemeinde Rethwisch geführt worden. Schon damals deutete sich der angesprochene Flächenkonflikt an. Denn die Möglichkeiten für neue Bauten in Bad Oldesloe sind begrenzt. Auch regenerative Energien benötigen halt Platz und das kann Verzicht auf zum Beispiel Gewerbeansiedlungen bedeuten.
Auch die Frage wurde daher nicht final entschieden, ob man sich mehrheitlich für ausreichend Platz für mehr Gewerbe oder für Solaranlagen stark machen würde.
Dieses Mal wurde die Entscheidung rund um Solarparks auf Anregung der SPD vertagt. Es solle neu beraten werden, nachdem die Stadtverwaltung der Kreisstadt eine entsprechende Vorlage angefertigt hat und alle Informationen zusammengetragen wurden.

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