Stormarner Tageblatt 09.04.2022
Wo es brennt und wo der Blick getrübt ist
Susanne Link, Patrick Niemeier, Volker Stolten
Kriminalstatistik: Was sie wirklich aussagt
In Stormarn lebt es sich sicherer als in Neumünster, Lübeck und Pinneberg, sagt die Polizei und präsentiert stolz ihre Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2021. Nun ja, wenn dem doch wirklich so wäre. Denn das was im Dunkeln, hinter verschlossenen Türen passiert, sieht die Polizei nicht – also auch nicht die PKS. Und noch ein interessanter Aspekt: In Lübeck und Neumünster gibt es Justizvollzugsanstalten. Wenn innerhalb dieser Gefängnisse Straftaten begangen werden, bedroht das die Bürger in Lübeck und Neumünster nicht – trotzem stehen die Vergehen und Verbrechen in der PKS. Verfälscht das nicht das Bild von Sicherheit? Und noch etwas: In der Kriminalstatistik werden Straftaten erst dann erfasst, wenn die polizeilichen Ermittlungen abgeschlossen sind. Ach ja, und wenn beispielsweise eine Vergewaltigung vor zwei Jahren stattgefunden hat, aber erst jetzt Anzeige erstattet wird (und die polizeilichen Ermittlungen abgeschlossen sind), dann taucht die Straftat auch erst in der PKS auf. Das alles gilt es bei einem Blick in die Kriminalstatistik zu beachten, um die Aussagekraft der Zahlen und Daten zu beurteilen.
Es muss nicht immer die lange Leitung sein
Mein Gott, das dauert! Und in der Tat – meistens bewahrheitet sich der Satz: „Die Mühlen der Justiz oder der Politik mahlen langsam.“ Meistens, aber doch nicht immer. Ausnahmen bestätigen die Regel – wie der folgende Fall beweist. Denn was sich die Stadt Bargteheide da geleistet hat, ist aller Ehren wert und einfach vorbildlich. Hut ab! In einer Eilentscheidung hat die Stadtvertretung beschlossen, 500.000 Euro für die Ukraine-Flüchtlinge bereitzustellen. Mit Verlaub: Das ist schon eine Hausnummer!
Davon entfallen 100.000 Euro auf die Anmietung von Unterkünften, 250.000 Euro auf Geräte und Ausstattung und 150.000 Euro auf Hilfeleistungen und Güter für die Menschen aus dem osteuropäischen Land. Daneben versucht ein eingerichteter Krisenstab aus Stadt, Amt Bargteheide-Land, Verein „Bunte Vielfalt“, Familienzentrum und Feuerwehr das Beste aus allem zu machen – mit Erfolg! Der gemeinsame Einsatz mündet aktuell in einem Ladenlokal an der Bargteheider Bahnhofstraße, das Stadt und Amt Bargteheide-Land im Schnelldurchgang angemietet haben, um die Arbeit des Vereins „Bunte Vielfalt“ zu unterstützen. Eine Anlaufstelle für das Ehrenamt und für die Geflüchteten – nicht nur aus der Ukraine, sondern aus aller Herren Länder, aus 16 Staaten, um genau zu sein, die im Laufe der Zeit in der Stadt und den Landgemeinden des Amtes Zuflucht gefunden haben. Viele weitere helfenden Hände bringen sich im Zeichen der Flüchtlingshilfe ein. „Hand in Hand“ oder „alle ziehen an einem Strang“ ist hier nicht einfach so daher gesagt, es wird gelebt. Hier hilft man sich, unbürokratisch. Es muss nicht die lange Leitung sein. Es geht auch anders.
Die Grenzen der Hobby- Berichterstattung
Es gibt viele ehrenamtliche Tätigkeiten. Alle haben für die Gesellschaft ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit. Was die Ehrenämter eint, ist, dass ständig Nachwuchs gefunden werden muss. Daher muss über die eigene Arbeit öffentlich berichtet werden. Heutzutage sind die sozialen Medien dafür ein Weg, den viele Vereine, Parteien und Verbände nutzen. Doch was ist, wenn das Ehrenamt Feuerwehr oder Sanitäter heißt? Ist es dann Werbung für die eigene Sache, wenn man Bilder und Berichte von Einsätzen postet? In manchen Fällen sogar aus Bereichen, in die man nur gekommen ist, weil man die Rechte eines Retters und Helfers hat? Dass Feuerwehren in den sozialen Netzwerken von ihren Übungsabenden, Fahrzeugübergaben, Kinderfesten oder Spendenaktionen berichten, ist ein legitimer Weg einer guten Öffentlichkeitsarbeit. Der Rest muss professioneller Berichterstattung mit journalistischen Standards überlassen werden.
Manchmal heißt es, dass es aber nunmal Nachwuchskräfte motiviere, sich modern in den sozialen Medien präsentieren zu dürfen. Nun gut, wenn das der Grund ist, in einer Feuerwehr oder Hilfsorganisation mitzuwirken, ist die Motivation für diese Ehrenämter offenbar falsch. Dass ein Mal die Woche über die vergangenen Einsätze in einer Zusammenfassung berichtet wird – ein guter Weg, wie ihn unter anderem die Feuerwehr Ahrensburg erfolgreich geht. Sämtliche „Wir-sind-gerade…“-Postings und der Anschein, eine Art Feuerwehr-Newsportal zu sein, sind hingegen nichts weiter als der Kampf um Likes und unter dem Deckmantel einer angeblich in dieser Form notwendigen Öffentlichkeitsarbeit. Ein offenbarer Wettstreit einiger weniger Feuerwehrleute darum, wer die spektakulärsten Fotos postet, Einsätze besonders dramatisch darstellt oder besonders schnell im Netz oder in einschlägigen Facebook-Communities geteilt hat, schadet den Wehren langfristig. Damit gewinnen sie nämlich keine Mitglieder, die den wichtigen Aufgaben gewachsen sind, sondern eher Leute, die nach Spektakel und Aufmersamkeit suchen und die sind am Ende sowieso in solchen Ehrenämtern absolute Fehlbesetzungen. Es gilt zu hoffen, dass das Social-Media-Phänomen mancher Wehren von den Wehrführungen und Bürgermeistern in den Griff zu bekommen ist, bevor es irgendwann zu disziplinarischen Konsequenzen kommen wird, bei denen man Ehrenamtler verliert.