Olivet-Partnerschaft vor dem Aus

Stormarner Tageblatt  19.05.2022

Zwischen Bad Oldesloe und der französischen Stadt kriselt es – das hat seine Gründe

Im Mai 2017 feierten Gäste aus Bad Oldesloe und ihre Gastgeber aus Olivet noch gemeinsam das 20-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft mit einer Besichtigung von Schloss Chambord.  Susanne Rohde
Im Mai 2017 feierten Gäste aus Bad Oldesloe und ihre Gastgeber aus Olivet noch gemeinsam das 20-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft mit einer Besichtigung von Schloss Chambord. Susanne Rohde

Susanne Rohde

Völkerverständigung erscheint in diesen politisch turbulenten Zeiten eigentlich wieder besonders wichtig. Und somit auch die Pflege der Partnerschaften zwischen Stormarner Kommunen und Städten im Ausland. Bereits seit 1996 besteht die Städtepartnerschaft zwischen Bad Oldesloe und der französischen Gemeinde Olivet, die mit rund 22000 Einwohnern nur etwas kleiner ist als die Stormarner Kreisstadt. Die Kontakte zwischen den beiden Städten waren über die Jahrzehnte zahlreich und intensiv, und es entstanden viele private Freundschaften zwischen deutschen und französischen Familien.
Aber in den zwei Jahren Corona-Pandemie ist das „Comité pour Olivet et Saint Pryvé e.v. Bad Oldesloe und Reinfeld“ in schweres Fahrwasser geraten. Der Verein ist die Kontaktstelle zum „Comité de jumelage“, dem Freundeskreis für die Städtepartnerschaft in Olivet, und zählt aktuell 115 Mitglieder. Von Beginn an ist Sylviane Burgé-Wendt die Vorsitzende des Vereins und ehrenamtliche Beauftragte für die Städtepartnerschaft, aber jetzt möchte die 67-Jährige aufhören. Bei der Jahreshauptversammlung hat sie nun erklärt, nicht mehr für den Vorsitz zu kandidieren. Zu groß seien die jüngsten Enttäuschungen und Erfahrungen, die sie mit dem Comité in Olivet gemacht habe. „Meine Grundeinstellung für eine lebendige Städtepartnerschaft ist eine andere, als die in Olivet“, sagt Sylviane Burgé-Wendt.
„Wir haben nicht mehr die gleichen Vorstellungen und nach fast 30 Jahren habe ich deshalb auch keine Lust mehr weiterzumachen.“ Auch Kassenwart Volker Griese wollte sich nicht mehr zur Wiederwahl stellen. Die 2. Vorsitzende Ute Lutzer aus Zarpen – sie engagiert sich vor allem für die Städtepartnerschaft zwischen Reinfeld und St. Pryvé – sieht sich ebenfalls nicht in der Lage, die anspruchsvolle Arbeit der 1. Vorsitzenden zu übernehmen. Noch bis Ende September dieses Jahres wird Burge-Wendt die Vorstandsarbeit weiter kommissarisch leiten, aber dann wird der Verein wohl ohne Vorstand dastehen. Die Städtepartnerschaft, die im vergangenen Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feierte, liegt also momentan „auf Eis“. Eigentlich hätte im vergangenen Dezember der Besuch einer Gästegruppe aus Olivet zur Feier des Jubiläums stattfinden sollen, aber die Franzosen sagten wegen der Pandemie kurzfristig ab. Auch der traditionelle Besuchstermin zu Himmelfahrt wurde allerdings jetzt vom Comité in Olivet überraschend gecancelt – sehr zur Enttäuschung der Oldesloer, denn alle Vorbereitungen waren somit umsonst. Für Burgé-Wendt, die selbst aus dem französischen Orléans stammt und seit mehr als 40 Jahren in Bad Oldesloe lebt, ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar. Während das 20-jährige Jubiläum der Verschwisterung noch groß in Bad Oldesloe gefeiert wurde, dominieren jetzt interne „Verstimmungen“ zwischen den Vereinen.
Zum großen Oldesloer Chortreffen im September mit 450 Chorsängern aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg möchte auch der Chor „Ludion“ aus Olivet kommen. Für Burgé-Wendt sind aber nach eigener Aussage vor allem die vielfältigen Kontakte zwischen Vereinen, Schulen und allen an Frankreich Interessierten wichtig, vor allem auch der Kontakt zwischen Jugendlichen. „Doch das scheint man in Olivet momentan ein wenig anders zu sehen“, so die Oldesloerin, die bis heute nur die französische Staatsangehörigkeit besitzt. Die Mitglieder des Oldesloer Comités haben jetzt einen offenen Brief mit ihren Kritikpunkten und Vorstellungen verfasst und an das Comité in Olivet und an die Bürgermeister beider Städte geschickt. „Es gilt, neue Weichen zu stellen. Darüber sollte man gemeinsam sprechen und nach einvernehmlichen Wegen suchen. Denn wie nie zuvor brauchen wir ein geeintes Europa, das seine Werte bewahrt“, betont Sylviane Burgé-Wendt. Besser sieht die die Situation noch in Reinfeld aus. Immerhin ist dort noch ein Besuch von Gästen aus St. Pryvé für Himmelfahrt geplant. Das 25-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft soll dann noch ein bisschen nachgefeiert werden. Vom 26. bis 29. Mai wird der Besuch von voraussichtlich zehn Gästen aus St. Pryv in Reinfeld erwartet. Geplant sind ein gemeinsames Boulespiele am Herrenteich, ein Empfang im Reinfelder Rathaus, ein Ausflug nach Niendorf mit Schiffsfahrt auf der Ostsee und zum Abschluss eine Fahrt nach Travemünde mit gemeinsamen Essen im Restaurant „Traveblick“.

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