Stormarner Wochenschau: Eine Frage des Entweder-Oder

Stormarner Tageblatt  11.06.2022

Eine Frage des Entweder-Oder

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Patrick Niemeier, Guido Behsen und Finn Fischer

Laut oder hässlich
„Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht“, sangen einst Herbert Grönemeyer und die Fantastischen Vier. Und so ist es auch tatsächlich. Ein aktuelles Beispiel: die Diskussion über den Zugverkehr in Stormarn. Eine S-Bahn bis nach Bad Oldesloe? Eine bessere Anbindung an den HVV? Klingt gut. Aber neue Gleise dafür und ein erhöhter Bahnverkehr – das klingt dann für Anwohner und Naturschützer weniger gut. Oder die Fehmarnbeltquerung. Der Güterverkehr könnte mehr auf die Schiene verlegt werden, was ein Teil der geplanten Mobilitätswende ist. Dazu könnte die Querung tatsächlich wirtschaftliche Chancen und neue Ansiedelungen für Stormarn und die Metropolregion mit sich bringen. Doch dafür fahren dann hunderte Züge mehr täglich durch den Kreis. Und dann bleibt die Frage danach, was besser ist: auf einen Lärmschutzwall hinter dem Gartenzaun zu starren oder den Lärm auf der Terrasse und dem Balkon zu ertragen? Auch bei anderen Themen gibt es diese Abwägungen: Klimaschutz und alternative Energien? Bitte. Aber Windkraftanlagen auf dem Feld gegenüber? Eher nicht. Eine neue Feuerwehrzentrale? Ja, bitte. Aber Martinshorn direkt vor dem Schlafzimmerfenster? Schwierig. Und so sollte man sich in der Diskussion daran erinnern, das am Ende die Entscheidungen entweder als Kompromiss fallen oder pragmatisch abgewogen werden muss, welche Entscheidung dem Allgemeinwohl mehr nützt. Einzeltinteressen müssen dann zurückstehen.

Schlechte oder gute Nachricht
Solche Sorgen hätte mancher Verein gern: Die Freiwillige Feuerwehr Bargfeld-Stegen hat gezwungenermaßen einen Aufnahmestopp verhängt. 62 aktive Mitglieder- für mehr reichen die Kapazitäten nicht. Bei den Jugendlichen übersteigt die Zahl der Bewerber auf der Warteliste (28) inzwischen sogar die der Aktiven (27). Das ist dennoch auch eine gute Nachricht, denn sie zeigt, dass das Interesse an diesem so wichtigen Ehrenamt zumindest in Bargfeld und Umgebung noch groß ist. Und auch bei anderen Vereinen ist nicht unbedingt fehlender Nachwuchs das Problem, sondern eher ein Mangel an Freiwilligen, die diesen Nachwuchs dann auch betreuen.

Reformen oder Trailerpark
Vier Jahre nach einer Art Selbstverpflichtung kommt der Kreis Stormarn endlich auf annähernd 1000 neue Wohnungen pro Jahr. Der IG BAU ist das zu wenig und wünscht sich mehr innovative Ideen. Und die braucht es tatsächlich. Die Baupreise steigen ins unermessliche, ebenso die Energiepreise und Lebenshaltungskosten. Wer dringend eine Wohnung im Hamburger Speckgürtel sucht, kann nur bemitleidet werden. Die Politik muss umdenken. Und auch wenn es niemand so gern hören will: Die Zeit flächenfressender Einfamilienhaus-Wohngebiete ist vorbei. Stattdessen muss wieder in die Höhe gebaut werden. Auch in Kleinstädten. Aber vor allem müssen Leerstände mit allen Werkzeugen des Rechtsstaats beseitigt werden. Wohngebäude, Büros und Geschäfts-, sogar Parkhäuser aufstocken. Das schlägt die Baugewerkschaft vor. Das wäre wohl tatsächlich ein sinnvollver Anfang. Ebenso wichtig ist aber, dass das zähe deutsche Baurecht vereinfacht wird. Mit jahrelangen Genehmigungsverfahren lässt sich die Wohnungskrise nicht lösen. Und ohne eine Lösung steuert Deutschland und auch der Kreis Stormarn auf Zustände zu, die in Teilen der USA schon seit Jahren zur Normalität gehören. In denen sich selbst berufstätige Menschen keine Wohnungen mehr leisten können und auf Parkplätzen in ihren Autos oder in einem Trailer-Park leben müssen.

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