Stormarner Wochenschau: Zu wenig Fachkräfte, zu viel Ignoranz

Stormarner Tageblatt  02.07.2022

Zu wenig Fachkräfte, zu viel Ignoranz

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Finn Fischer, Susanne Link, Patrick Niemeier

Wenn die Pandemie auf Fachkräftemangel trifft
Der Fachkräftemangel ist gleich doppelt von Corona betroffen. Das ist vor allem im Freizeit-, Gastro- und Kulturbereich zu spüren. Ob im Freibad oder bei Veranstaltungen: Öffnungszeiten werden geändert und teilweise werden Events sogar komplett abgesagt, weil Personal fehlt. Der Grund: In der Hochzeit der Pandemie mussten sich viele Beschäftigte aus dem Freizeitbereich beruflich umorientieren. Sie kehren jetzt zum Großteil nicht einfach zurück. Gleichzeitig schlägt Corona mit wieder gestiegenen Infektionszahlen auch noch aktuell verstärkt zu und sorgt für weitere Personalengpässe. Und so ist der Mangel an Fachkräften in vielen Bereichen in der Pandemie gestiegen. Eine besondere, wirtschaftliche Form von „Long Covid“ sozusagen.

Eine Frage des Spaßes
Ist es hoffnungsvoll oder naiv, dass man in Bad Oldesloe glaubt, dass ein paar Mülleimer auf dem Kunstrasenplatz dafür sorgen würden, dass der Platz nach einer Party nicht verdreckt sein würde? Oder möchte die Stadtverwaltung einfach nur nicht den Spielverderber geben und den Platz konsequent bei größeren Events sperren? Es ist falsch verstandene Fürsorge für Jugendliche, wenn es klingt wie bei Marge Simpson, dass doch „auch mal jemand an die Jugend denken muss“. Dass aus den Oldesloer Supermärkten auch Minderjährige Alkohol in Rucksäcken Richtung Exer schleppten, dürfte eigentlich nicht entgangen sein. Aber da kommt dann erneut das falsch verstandene Verständnis von „lass die doch auch mal Spaß haben“. Ja klar, warum nicht? Aber warum ist „Spaß“ damit konnotiert, dass man sich betrinkt? Und warum ist „Spaß“ eine Ausrede für rücksichtsloses Verhalten und Vandalismus? Traurig scheint es auch zu sein, dass sich die Tendenz fortsetzt, die sich seit zwei Jahrzehnten bei Volks- und Stadtfesten zeigt: Der indviduelle Charakter geht mehr und mehr verloren und am Ende steht eine Art Ballermann-Party zum immergleichen Best-Of-irgendwas Sountrack. Wo der Alkohol ordentlich fließt, scheint egal. Einen eigenen Charakter hat dann auch so eine Tradition wie der „Vogelschießen“-Abend nicht mehr. Und so wird er von Jahr zu Jahr bedeutungsloser und austauschbarer.

Ein Künstler, Architekt und Visionär
„Friedensreich Hundertwasser Regentag Dunkelbunt“ – ein Künstler, der schon im Namen trägt, wofür er steht. Für Frieden, Wasser, Natur und bunt. Ein Maler, der Visionen für eine nachhaltige Welt hatte. Bäume, die aus Fenstern wachsen, begrünte Terrassen und der Kampf für eine abfallfreie Gesellschaft. Themen, die aktueller denn je sind. Weil der Österreicher diese bereits in den 80ern in seiner Architektur und in seinen Werken ansprach, halten ihn viele für einen Visionär, der mit Hilfe der Kunst die Verbindung zwischen Mensch und Natur wiederherstellen wollte. „Kunst ist die Brücke zwischen Mensch und Natur. Kunst ist nicht die Brücke zwischen Mensch und Mensch“, soll der Österreicher mal gesagt haben.

Eine teure Ausbildung, die abschreckt
Seit neun Jahren gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Doch ein Platz nutzt freilich wenig, wenn der nur auf dem Papier existiert. In der Realität fällt Kita immer häufiger aus. Eltern in Reinfeld und Tangstedt fürchten wegen der teils katastrophalen Betreuungssituation mittlerweile sogar um ihre Jobs. Den Einrichtungen selbst ist da kein Vorwurf zu machen. Es ist das kranke System. Schuld sei der „Fachkräftemangel“, heißt es oft. So, als sei das eine Art Naturkatastrophe, auf die niemand so richtig einen Einfluss hat. Doch das ist falsch. Wer Erzieher werden will, muss in Schleswig-Holstein eine schulische Ausbildung machen. In aller Regel ohne Vergütung. Wie soll das gehen? Mit einem Zweitjob? Abends kellnern in einem Restaurant, weil auch dort Fachkräfte fehlen? Der Rotary-Club Bargteheide vergibt in diesem Jahr wieder ein „Förderstipendium für Ausbildung in einem sozialen Beruf“. Das ist schön. Aber es ist eine Schande, dass das überhaupt nötig ist. Wer mehr Fachkräfte will, muss dafür bezahlen, mehr bezahlen. Und zwar mit Geld und nicht mit warmen Worten.

Dieser Beitrag wurde unter Presseartikel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.