Stormarner Tageblatt 07.07.2022
Satiriker-Idol Heino Jaeger vor 25 Jahren in Bad Oldesloe gestorben
Finn Fischer
Der breiten Öffentlichkeit blieb das Wirken des Satirikers, der am 1. Januar 1938 in Harburg geboren wurde und am 7. Juli 1997 in Bad Oldesloe starb, lange verborgen. Mittlerweile erinnert ein gespendeter Grabstein an den „Mozart der Komik“, wie er einst von dem Schriftsteller und Satiriker Eckhard Henscheid genannt wurde. In Bad Oldesloe ist keine Gedenkfeier geplant. In seiner Geburtsstadt feiert das Archäologische Museum Hamburg das Werk Jaegers mit einem dreitägigen Festival.
Ein Idol, ein Virtuose, ein ganz großer Meister
Radiohörern der 60er- bis 80er-Jahre wurde Heino Jaeger mit Sendungen wie „Fragen Sie Dr. Jaeger“ oder „Dr. Jaeger antwortet“ bekannt, in denen der Satiriker damals populäre Ratgeber-Formate parodierte. Dabei mimte er selbst sowohl den Doktor als auch die Anrufer, die ihre meist völlig absurden kleinbürgerlichen Probleme schilderten – und darauf klug klingende, aber selten hilfreiche Antworten erhielten. Selbst wer Heino Jaeger nicht kennt, dem kommt sein Humor doch bekannt vor. Das ist kein Zufall. Einige Komiker und Satiriker orientierten sich an seinem Stil. Er sei „sein Idol“ und „ein Virtuose, ein ganz großer Meister, bis heute unerreicht“, sagte etwa Olli Dittrich, der selbst als einer der besten und wandlungsfähigsten Komödianten gilt. Ohne Jaeger, so Dittrich, hätte es „Dittsche“ nicht gegeben. In derartige Lobeshymnen reihen sich viele andere ein, wie die Musiker und Satiriker Rocko Schamoni oder Heinz Strunk (Studio Braun).
Doch Genialität und Wahnsinn – so heißt es – gehen oft Hand in Hand. Auch auf Heino Jaeger trifft das zu. Zeit seines Lebens kämpfte er mit seinen inneren Dämonen. Als Kind erlebte der gebürtige Harburger die Bombardierung Dresdens, trug ein Kriegstrauma davon.
Er studierte später in Hamburg an der Hochschule für bildende Künste und lebte von Gelegenheitsjobs. Jaeger war hochbegabt und hochsensitiv. Seine außergewöhnliche Beobachtungsgabe erlaubte es ihm, problemlos Menschen zu persiflieren. Auch war er ein begnadeter Maler und Zeichner. Aber ebenso auch ein anstrengender Zeitgenosse. Vielleicht eine Reaktion auf die vielen Schicksalsschläge. Geplagt von Depressionen und Liebeskummer vernichtete 1983 dann auch noch ein selbstverschuldetes Feuer sein Atelier in Hamburg und damit einen großen Teil seiner künstlerischen Arbeit. Von da an malte er nicht mehr.
Damit begann sein sozialer Abstieg. Fünf Jahre später wurde er in die Psychiatrie in Bargfeld-Stegen eingewiesen und lebte anschließend bis zu seinem Tod, die Folge eines Schlaganfalls, im Pflegeheim „Haus Ingrid“ in Bad Oldesloe. Verarmt, dem Alkohol zugeneigt, depressiv, traumatisiert verließ er die Welt 1997. Seine sterblichen Überreste kamen in ein namenloses Grab auf dem ev. Friedhof in Bad Oldesloe.
„Wir haben ihn wohl nicht verdient“, schrieb Loriot später über den Mann, der viele Komiker inspirierte, der aber selbst nie den großen Durchbruch schaffte. Die größten Künstler sind oft die, auf deren Schaffen erst nach ihrem Ableben das Licht der Öffentlichkeit fällt.
Keine Gedenkfeier zum 25. Todestag
In Oldesloe blitzt immer mal wieder nostalgische Erinnerung an die außergewöhnliche Persönlichkeit auf. 2017 etwa – zum 20. Todestag – wurde Heino Jaeger in der Friedhofskapelle gedacht. Autor und Jaeger-Freund Joska Pintschovius war dort, ebenso wie Musiker und Schauspieler Rocko Schamoni, der 2021 den Roman „Der Jaeger und sein Meister“ veröffentlichte. Auch Journalist Christian Meurer war dort, der neben anderen Weggefährten des Satirikers im Film „Heino Jaeger – look before you kuck“ (2012) von Gerd Kroske auftrat. Zum 25. Todestag hat die Stadt keine Gedenkveranstaltung geplant. Immerhin: Der Friedhofsausschuss erklärt seine letzte Ruhestätte zum Ehrengrab, das künftig von der Friedhofsverwaltung gepflegt und unterhalten wird. Andernfalls hätte der Grabstein in diesem Jahr abgebaut werden müssen.