Stormarner Wochenschau: Vom Virus, das nur scheinbar verschwand

Stormarner Tageblatt  09.07.2022

Vom Virus, das nur scheinbar verschwand

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Guido Behsen, Finn Fischer, Patrick Niemeier

Das doppelte Corona-Problem
Wenn man sich so umschaut, dann scheint es so, als sei die Corona-Pandemie vorbei. Tatsächlich ist sie das aber gar nicht. In den Köpfen mancher Mitmenschen vielleicht, aber leider nicht in der Realität. Ja, die Pandemie hat sich verändert. Ja, wir haben gelernt, mit vielen Aspekten des Virus’ zu leben. Und ja, die Zahl der am Virus Verstorbenen ist seit den Impfungen und Virus-Mutationen weiter gesunken. Doch ein anderer Aspekt bleibt. Menschen, die an Corona erkranken, sind zum Teil wirklich krank und das auch über eine Quarantäne-Zeit hinaus. Und das hat Auswirkungen auf viele Dinge. Nicht umsonst kommen manche Einrichtungen und Ämter nicht mehr hinterher, müssen Events ausfallen und so weiter. Aber am deutlichsten spürt es der medizinische Sektor mit der Doppelbelastung. Patienten müssen isoliert werden, zugeich fällt Personal aus. Sollte diese Tendenz im Herbst noch stärker werden, steckt das Gesundheitssystem in einer echten Falle. Daher bleibt es dabei: auch wenn es nervt, Vorsicht und Rücksicht bleiben angebracht.

Die Kehrmaschinen der Zukunft
Probleme in den Lieferketten, explodierende Gas-Preise, Inflation – und Hako baut trotzdem. 20 Millionen Euro investiert der Hersteller von Nutzmaschinen in den Oldesloer Standort und setzt damit gleichzeitig eine ordentliche Summe Geld darauf, dass es eine Zeit nach dieser Krise geben wird, in der mit Rasenmähern und Kehrmaschinen Ordnung gehalten werden muss. Irgendwie beruhigend. Auch noch, als Hako-Manager Mario Schreiber betonte, dass diese Investition „keine Selbstverständlichkeit“ sei. Recht hat er damit. Doch gerade jetzt ist es ein wichtiges Signal für die 2000 Angestellten, von denen viele beim Festakt anwesend waren. Jeder von ihnen spürt die Krise an den Supermarkt-Kassen, Zapfsäulen – und bald auch auf den Nebenkostenabrechnungen. Entscheidungsträger müssen alles daran setzen, damit die Energieversorgung sichergestellt bleibt. Ansonsten, so sagte es Schreiber, „würde Hako wohl Schiffbruch erleiden“. Als wäre diese Aufgabe nicht schon schwer genug, darf das nicht auf Kosten des Klimas gehen. Das Oldesloer Unternehmen leistet einen Beitrag, indem auf der neuen Halle eine Photovoltaik-Anlage Strom liefert. Aber nicht nur Bundes- und Landespolitik oder Unternehmen sind gefragt. Kommunale Verwaltungen und Stadtparlamente müssen neue Konzepte entwickeln, wie die Energiewende noch weit vor 2035 gelingt. Schon aus Eigeninteresse. Wenn Unternehmen wie Hako Schiffbruch erleiden, ist das Wegbrechen von Steuereinnahmen noch das kleinste Übel. Massenarbeitslosigkeit droht. Ab einem gewissen Punkt bringt das den sozialen Frieden in Gefahr. Dann sind die Sorgen andere als Tempolimits, ein paar Grad kältere Wohnungen, Büros und Schwimmbäder oder Windkraftanlagen in der Nähe von Wohnhäusern.

Der Berufswechsel: Klinik statt Hotel
Und zum Abschluss noch eine Nachricht aus dem Krankenhaus, nur dass diese eher an die Schwarzwaldklinik erinnert. Moritz Kurzmann, 13 Jahre lang in Diensten des Nobel-Hotels „Waldhaus Reinbek“ ist jetzt für den Patientenservice im St. Adolf-Stift zuständig. Ein auf den ersten Blick äußerst ungewöhnlicher Schritt für einen Mann, der als Hoteldirektor mit Robert Redford, den Bismarcks und anderem Blut- und Geldadel verkehrte. Doch kein Promi dieser Welt hat einen höheren Stellenwert als – die eigene kleine Tochter. Die Gute-Nacht-Geschichte, das gemeinsame Essen an Feiertagen, ein Wochenend-Ausflug: Was den meisten Menschen selbstverständlich vorkommt ist in der Gastronomie purer Luxus, erst recht in einer Position, wie Kurzmann sie innehatte. Der Wechsel von der Rezeption in der Luxus-Herberge an den Patiententresen im Krankenhaus ist vor diesem Hintergrund nicht mehr nur nachvollziehbar, sondern logisch und konsequent. Und die Patienten, die sich Kurzmann zufolge im St. Adolf-Stift künftig mehr „als Gäste“ fühlen sollen, dürften von diesem Schritt profitieren. Dass Geld in einer Klinik (anders als in den Kreisen seiner bisherigen Kundschaft) durchaus eine Rolle spielt, dürfte dem 41-Jährigen dabei bewusst sein.

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