Alarmierung für alle

Stormarner Tageblatt  28.07.2022

Darum will der Kreis Stormarn ein flächendeckendes Netz aus Sirenen

Patrick Niemeier

Spott und Zynismus machten sich nach den letzten Probealarmen und Sirenen-Tests im Internet breit. Ob man den Alarm verschlafen habe oder ob er so leise sei, dass ihn niemand höre, stand da unter anderem. Doch was einige der erstaunten Stormarner in ihren ironischen Kommentaren übersahen oder schlichtweg nicht wussten: Es gibt aktuell gar kein flächendeckendes Sirenen-System mehr im Kreis Stormarn. Ein flächendeckendes Sirenennetz existiere nicht mehr, seit Sirenen im Zivilschutz zur Warnung der Bevölkerung nicht mehr verpflichtend vorgehalten werden müssen und die meisten Feuerwehren ihre Alarmierung auf digitale Meldeempfänger umgestellt haben, hieß es damals als Begründung aus der Kreisverwaltung.
Bis in die 1990er-Jahre wurden die lokalen Feuerwehren mit dem Sirenenalarm zum Einsatz gerufen. Inzwischen erfolgt das über die besagten Meldeempfänger. Die Sirenen erschienen also mehr und mehr sinnlos und wurden deaktiviert oder zurückgebaut. In einigen Städten und Gemeinden seien seit Anfang der 2000er-Jahre gar keine Sirenen mehr vorhanden.

Katastrophe im Ahrtal fördert Umdenken

Doch spätestens mit den Ereignissen im Juli 2021 im Hochwassergebiet rund um Ahrweiler wurde klar, wie wichtig noch immer eine lautstarke Alarmierung abseits von Warnapps und Co. ist. Der fehlgeschlagene Probealarm in Stormarn öffnete den Verantwortlichen im Kreis und in den Gemeinden zusätzlich die Augen, dass etwas geschehen müsse, wie Landrat Henning Görtz sagte. „Wir haben entsprechend ein Gutachten in Auftrag gegeben und planen wieder flächendeckend ein System aufzubauen, das es ermöglicht, dass alle bewohnten Gebiete durch Sirenen alarmiert werden können“, sagt Andreas Rehberg, Fachbereichsleiter „Sicherheit und Gefahrenabwehr“ beim Kreis Stormarn.
Dazu sollen auch Bundes- und Landesfördermittel eingeworben und genutzt werden. „Wir werden sicherlich nicht jeden letzten, einsamen Hof erreichen können, aber die dichter besiedelte und bewohnte Fläche soll schon wieder durch Sirenen gewarnt werden können“, sagt Rehberg.
Aktuell gebe es 157 Sirenen im Kreis, weiß Rehberg zu berichten. Er gehe davon aus, dass es ungefähr 100 weitere benötige, um wieder ein dichtes, akustisches Netz zu spinnen. „Das passt auch zum 10-Punkte-Plan der Innenministerin“, so Rehberg.

10 Punkte Plan von Sabine Sütterlin-Waack

„Waldbrände, Hitzewellen, Sturmfluten, Hochwasser- und Starkregenereignisse, aber auch Cyber-Bedrohungen träfen Deutschland vermehrt und rückten auch an Schleswig-Holstein heran“, heißt es aus dem Innenministerium des Landes vom 10. August 2021. Daher werde ein 10-Punkte-Plan zum besseren Schutz der Menschen in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht. Gleich der erste Punkt auf dieser Liste ist tatsächlich die bessere Warnung und Information der Bevölkerung bei Gefahr. Rehberg verweist darauf, dass die Maßnahme natürlich mit entsprechenden Budgets hinterlegt sein müsse. „Das wird ein Thema in den Haushaltsberatungen sein“, sagt er. Der Ausbau soll dann so kurzfristig wie möglich erfolgen.

 

10-Punkte-Plan: Innenministerium will besseren Schutz

1. Warnung und Information der Bevölkerung verbessern
2. Fahrzeuge und Ausrüstung modernisieren
3. Neues Lage- und Kompetenzzentrum planen
4. Gemeinsame Koordinierung des Bevölkerungsschutzes stärken – dazu gehört beispielsweise eine Schutzstrategie für Menschen mit Behinderungen
5. Die Wasserrettung weiter ausbauen
6. Fonds zur Klimaanpassung auflegen, Waldbrandbekämpfung und Hochwasserschutz stärken, auf Dürre vorbereiten
7. Katastrophenschutzplan überprüfen
8. Digitale Unterstützung des Brand- und Katastrophenschutzes voranbringen
9. Katastrophenschutz-Ausbildung ertüchtigen
10. Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den einzelnen Ländern, hierzu gehört zum Beispiel der Schutz kritischer Infrastrukturen.
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