Stormarner Wochenschau: Getrennter Müll und dunkle Städte

Stormarner Tageblatt  10.09.2022

Getrennter Müll und dunkle Städte

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Finn Fischer, Patrick Niemeier

Weltmeister der Mülltrennung
Die Deutschen sind Weltmeister bei der Mülltrennung. Doch die neuste Untersuchung des Hausmülls durch die Abfallwirtschaft Südholstein hat gezeigt: Es geht noch besser. Wer kennt das nicht? Die Biotonne steht in Reichweite. Aber weil die zur Verpackung des im Kühlschrank vergessenen und noch eingeschweißten Aufschnitts passende Wertstofftonne gerade voll und abholbereit vor dem Haus steht, landet beides zusammen dann doch in der „Schmuddeltonne“. Dazu verdammt, um unverwertet irgendwo verbrannt oder verscharrt zu werden. In den meisten Fällen ist es wohl die eigene Faulheit, die für die 30 Prozent Bioabfall in der Restmülltonne verantwortlich ist. Die unvernünftige innere Stimme, die sagt: „Ach, die eine Packung mit dem ekelig-schimmeligen Inhalt im Restmüll macht nicht den Unterschied.“ Doch es macht einen Unterschied. Genau wie die eingesparte Autofahrt, der Wechsel zum Ökostrom-Anbieter, das vegane Schnitzel statt das Rindersteak, der Thermo-Kaffeebecher statt Coffee to go. Die einzelne unvernünftige Entscheidung mag irrelevant erscheinen. Doch am Ende werden die ganzen aus Bequemlichkeit heraus getroffenen Entschlüsse eben zu diesen 30 Prozent Bioabfall in der Restmülltonne, mit dem – würde er richtig entsorgt werden – eine Biogasanlage 2000 bis 3000 Haushalte mit Strom versorgen könnte. Also nehmen wir uns die Minute Zeit und trennen ordentlich. Oder besser noch: Wir vergessen den Aufschnitt nicht im Kühlschrank. Das ist das beste Mittel gegen das schlechte Gewissen, das so oft kommt, wenn der Deckel der Restmülltonne zuklappt.

Wie dunkel darf ein Weihnachten sein?
Ist diese Diskussion wirklich kompliziert, oder wirkt sie nur so? Ist der Verzicht auf innerstädtische Weihnachtsilluminationen wirklich ein sehr großer Verzicht, ein großer Einschnitt? Mehrere Städte und Gemeinden betonten – auch bei der Beleuchtung von Sehenswürdigkeiten – dass man ja auf LED umgestellt habe und sowieso spare man ja bereits viel Energie. Allerdings muss man natürlich dagegenhalten. Nichts spart mehr Strom, als komplett zu verzichten. „Ja, aber soweit ist ja noch nicht, man kann ja noch abwarten, bis das sein muss“, heißt es dann. Aber was spricht dagegen, präventiv dieses Zeichen zu setzen? Es scheint wie bei so manchem – eigentlich notwendigen oder vernünftigen – Verzicht. Natürlich wäre es schlau, auf Silvesterfeuerwerk zu verzichten. Natürlich wäre es clever, so viel Strom wie möglich zu sparen. Schnell ist aber von „Diktatur“ und „Verbot“ die Rede. Ja, schade, dass manche Leute tatsächlich glauben, dass man offenbar nur machen muss, was befohlen wird und nicht das, was vernünftiger und auch moralisch angebracht sein könnte. Ein bisschen weniger Glitter in der Vorweihnachtszeit lässt das Fest vielleicht auch zugleich weniger wie ein verkapptes Disneyland des verkitscht angestrichenen Konsumrausches erscheinen. Wer wird neidisch auf die Städte schauen, die sich doch illuminieren oder wer ein wenig stolz auf die eigene, die darauf verzichten kann?

Dieser Beitrag wurde unter Presseartikel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.