Sonntagseinkäufe vor dem Aus

Stormarner Tageblatt  27.09.2022

Koordinator zieht sich in Bad Oldesloe zurück und ein Nachfolger ist nicht in Sicht

Der aktuelle Verkaufsoffene Sonntag in Bad Oldesloe wurde auch durch das Wetter zum Flop. Aber es mangelte auch an Aktionen und Angeboten.  Patrick Niemeier
Der aktuelle Verkaufsoffene Sonntag in Bad Oldesloe wurde auch durch das Wetter zum Flop. Aber es mangelte auch an Aktionen und Angeboten. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier

Regen, graue Wolken, leere Einkaufsstraßen und verhaltene Stimmung. Der aktuelle verkaufsoffene Sonntag in Bad Oldesloe litt unter dem verregneten Herbstwetter. Allerdings könnte man die Situation auch als symbolisch für den Zustand dieser Veranstaltung sehen, die seit vielen Jahren ein Sorgenkind ist.
Längst sind es nicht nur graue Wolken, die über der Zukunft des verkaufsoffenen Sonntags in der Kreisstadt aufgezogen sind. Die Veranstaltung steht vor dem Aus. Niemand möchte das offenbar tote Pferd mehr reiten. Als letzter Engagierter klingt auch Hans-Jörg Steglich erschöpft und ein wenig frustriert, als er seinen Rückzug als Koordinator der Einkaufssonntage bestätigt. „Ich war da – in unterschiedlichen Teams – seit sechs Jahren die Konstante. Ich habe aber auch andere, spannende, ehrenamtliche Aufgaben. Das ist alles so nicht mehr zu schaffen“, sagt der Stadtverordnete.

Geschäftsleuten fehlen Finanzen und Personal
„Es ist nicht so, dass es nicht einige Geschäftsleute in der Stadt gibt, die den verkaufsoffenen Sonntag durchaus gut finden. Aber sich wirklich federführend in die Organisation einbringen, möchte dann am Ende kaum jemand“, sagt Steglich. Die Corona-Pandemie, die steigenden Energiepreise, das veränderte Konsumverhalten – die Kaufleute stünden immer wieder vor neuen Herausforderungen. „Auch finanziell und personell sind da oft nicht mehr die Ressourcen für ein großes Engagement“, zeigt Steglich durchaus Verständnis für deren Haltung.
Hinzu komme, dass Filialisten sich nicht in die Aktionen einbringen. Diese würden nur von inhabergeführten Geschäften angeboten, die aber „oft genug um die Ohren haben“, wie Steglich sagt. Er hat Verständnis für die Nöte der Kaufleute, aber selbst keine Kraft und Zeit das ehrenamtlich auszugleichen.
Hinzu komme, dass mit Jan Rohde ein weiterer Mitstreiter Bad Oldesloe verlasse „Sein Modehaus am Marktplatz schließt und so ist mit den Verkaufsoffenen Sonntagen natürlich Schluss für ihn. Er war ein wichtiger Partner“, sagt Steglich.
Gut unterstützt worden sei er stets von Oke Käselau mit seinen Holsteiner-Foodtrucks und vom Hausmeister- und Gartenservice von Gerrit Janßen. „Eigentlich haben wir ein kleines, aber motiviertes Team. Aber es müsste mehr von den Kaufleuten kommen. Die Krisen haben das verhindert“, sagt Steglich.
Beim aktuellen verkaufsoffenen Sonntag sei es auch ärgerlich gewesen, dass es anders kam, als ankgekündigt. Denn eigentlich hatte Steglich damit gerechnet, dass der große und erfolgreiche Landes-Chorwettbewerb „Chorralle“ am Sonntag überall in der Stadt als Rahmen sichtbar sein würde. „Ich hatte mir das wie bei Pflasterart vorgestellt und daher war auch kein anderes Programm zum Beispiel für die Hude vorgesehen“, sagt Steglich. Er sei dann aber in die Planungen des Landesmusikrates und der Choralle-Orga nicht eingebunden worden.
Kurzfristig habe erfahren, dass von öffentlichen Auftritten auf den Plätzen der Stadt und Aktionen in der Fußgängerzone keine Rede war. „Die hatten nur ihren Wettkampf im Blick, aber nicht, dass am Sonntag auch etwas darüber hinaus passiert“, sagt er. Wie es zu dem Missverständnis mit dem Landesmusikrat und dem Choralle-Wettbewerb kam, könne er sich nicht erklären.
„Die Stadt hat aber am Ende alles gegeben, damit wir ein Programm für den verkaufsoffenen Sonntag hatten“, sagt Steglich.
Das Kulturbüro sei sowieso immer sehr engagiert gewesen. Es habe für zwei der vier Sonntage im Jahr das rechtlich notwendige Rahmenprogramm geboten. Wäre es da nicht eine Option, dass die Stadt in Zukunft gleich die komplette Organisation übernimmt?

Stadt springt nicht in die Bresche
„Auf gar keinen Fall wird das passieren“, sagt Stadtsprecherin Agnes Heesch. „Wir würden weiter dafür sorgen, dass es an zwei der vier Sonntage eine Veranstaltung gibt und es stehen Fördergelder bereit. Das ist eine Menge und das ist es dann auch“, sagt Heesch. Wenn die Einkaufssonntage gewünscht seien, müsse das aus den Reihen der Unternehmer selbst organisiert werden. „Ohne Herrn Steglich gibt es den benötigten Koordinator und Ansprechpartner nicht mehr. Bisher gibt es für 2023 also keine Planung“, sagt Heesch.
Als möglicher Veranstalter wird auch immer wieder die Wirtschaftsvereinigung ins Spiel gebracht. Doch dort reagiert man verhalten. „Wir haben im Sommer die Händler, Dienstleister und Gastronomen zu eingeladen, um die zukünftige Situation zu besprechen, die ein verkaufsoffener Sonntag primär betrifft“, sagt die Vorsitzende Nicole Brandstetter. Doch die Resonanz sei so verhalten gewesen, dass man weder eine repräsentative Stimmung ableiten, noch eine Handlungsempfehlung erkennen konnte. „Auch wiederholte schriftliche Abfragen und persönliche Ansprachen durch uns haben kein eindeutiges Ja der Innenstadthändlerinnen und -händler für den verkaufsoffenen Sonntag uns gegenüber ergeben. Aus diesem Grund sehen wir im Moment keinen Handlungsauftrag, uns mit der Organisation der verkaufsoffenen Sonntage zu beschäftigen“, sagt Brandstetter.
Seit Jahren sei zu beobachten, dass die Veranstaltung zu Diskussionen führe. Die Meinung sei unter den Unternehmen in der Innenstadt gespalten. Das liege auch daran, dass nicht geklärt sei, wofür die Einkaufssonntage eigentlich gut sein sollen und wofür sie stehen. Während ein Teil der Unternehmen sie als Werbung und Imagepflege betrachte, erwartet der andere Teile einen einen wirtschaftlichen Effekt.
Brandstetter sieht die Sonntage als eine gute Gelegenheit für den stationären Einzelhandel, um sich in der eigenen Stadt, aber auch Menschen aus dem Umland zu präsentieren. Allerdings seien die gesetzlichen Hürden mittlerweile hoch. Es müsse eine Veranstaltung geben, die mehr Besucher anziehe, als die Öffnung der Läden. Außerdem dürfen nur Geschäfte rund um diese Veranstaltung überhaupt öffnen. Damit seien Unternehmen in Gewerbegebieten und am Rande der Stadt schon direkt ausgeschlossen. Das erhöhe die Attraktivität nicht. Rechtssichere, verkaufsoffene Sonntage seien daher sowieso nur möglich, wenn sie an eine von der Stadt durchgeführte Veranstaltung angeknüpft sind. Das Pflasterart-Straßenkunstfestival sei ein gutes, positives Beispiel. Die Stadtverwaltung schließt es derweil aus, für gleich vier Einkaufssonntage den Rahmen zu ermöglichen „Was wir machen, geht schon über das hinaus, was andere Städte bieten“, stellt Heesch klar.

Über Alternativen nachdenken
Brandstetter betont, dass die Wirtschaftsvereinigung es als notwendig erachte, sich über Alternativen zu dem bisherigen Konzept Gedanken zu machen. Man habe selbst mit einem „Danke-Tag“ an einem Sonnabend gute Erfahrungen machen können. Wichtig sei, dass bei solchen Aktionen möglichst alle Innenstadt-Unternehmen beteiligt seien und dass sie Aktionen anbieten, die über das tägliche Angebot hinausgehen.
Und da beißt sich die sprichwörtliche Katze in den Schwanz, denn genau daran hapert es aktuell, wie auch Steglich bestätigt. „Die Filialisten dürfen keine besonderen Aktionen machen und die inhabergeführten Geschäfte haben dafür nicht die Finanzen, das Personal und den Elan“, sagt er.
Er selbst zweifelt daran, dass der verkaufsoffene Sonntag zurückkommt, wenn er erstmal einige Male ausfallen sollte. „Ich habe mich daher 2022 nochmal breitschlagen lassen. Auch das Benefizkonzert für die Ukraine – das sehr erfolgreich war – hat mich gereizt. Das wollte ich gerne machen. Aber jetzt ist Schluss“, sagt Steglich.

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