Sorgenfalten beim Bürgermeister

Stormarner Tageblatt  05.10.2022

Kritik aus Bad Oldesloe: Lässt Schleswig-Holstein die Kommunen bei Flüchtlingsunterbringung im Stich?

Patrick Niemeier

Mit Sorgenfalten auf der Stirn zuckt Bürgermeister Jörg Lembke (Foto) mit den Schultern. „Man kann sagen, dass unsere Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge in Bad Oldesloe ausgeschöpft sind“, sagt der Verwaltungschef.
Rund 3000 Geflüchtete seien bisher im Jahr 2022 in Stormarn angekommen und davon – wie geplant – rund zehn Prozent in Bad Oldesloe untergebracht worden. Das entspreche dem Königsteiner Schlüssel. „Wir sind quasi sowohl am Sandkamp als auch in der Kastanienallee und der Schule am Kurpark voll“, sagt Lembke. „Wie angespannt dazu noch der Wohnungsmarkt ist, wissen wir“, führt er weiter aus.
Der Oldesloer Verwaltungschef kritisiert daher das Land. „Ich erwarte zum Beispiel, dass es leichter wird, in Gewerbegebieten Flüchtlingsunterkünfte bauen zu können. Da muss man an eine baurechtliche Regelung ran. Das sollte keine Sonderregel mehr sein, sondern generell möglich gemacht werden“, sagt Lembke.
„Niemand wird nun im größeren Stil Unterkünfte bauen, die dann 2024 wieder zurückgebaut werden müssen“, sagt er. Da hätte das Land die Möglichkeit, zu handeln. „Von dort kommt aber zu wenig“, sagt Lembke.

Kritik an Aminata Touré
Vor allem ärgere er sich aber darüber, dass die Landesunterkünfte nur zögerlich ausgebaut worden seien. Obwohl bereits mehr Geflüchtete gekommen seien als 2015, gebe es weniger Plätze in den Unterkünften des Landes. 2015 seien es 20.000 gewesen, jetzt bisher nur 6000.
Deutlich wird er mit Kritik an Sozialministerin Aminata Touré (Die Grünen). „Wenn ich höre, dass Touré sagt, dass das Land Schwierigkeiten habe, genug Fachpersonal für die Unterkünfte zu bekommen, kann ich nur sagen: Sehr lustig. Dasselbe Problem haben wir als Kommunen doch dann auch“, sagt Lembke. „Aber da macht man es sich leicht beim Land und wälzt es auf die Kommunen ab“, zeigt er sich enttäuscht. „Bei weiter steigenden Zahlen ist nicht ausgeschlossen, dass größere Unterkünfte in den Kommunen geschaffen werden müssen. Die Unterbringung in Wohnraum wird zusehends schwieriger“, sagt Edith Ulferts die Leiterin des Fachbereiches „Soziales und Gesundheit“.
„Ich schließe nicht aus, dass der Kreis wie im Frühjahr wieder eine Interimslösung schaffen muss, in der die Geflüchteten für einige Tage untergebracht werden. Gegenwärtig ist aber eine Prognose schwierig“, fügt sie an.
In Bad Oldesloe ist man jetzt bereits um kurzfristige Lösungen bemüht. Die Stadt hat eine komplette Immobilie angemietet, die gerade für 20 Geflüchtete hergerichtet wird. Ein privater Unternehmer baut außerdem gerade laut Lembke mehrere Tiny Houses auf, in denen 30 Geflüchtete unterkommen soll. „Ich möchte nicht vorgreifen, auf wen die Initiative zurückgeht, wenn diese Person das vielleicht selbst vorstellen möchte“, sagt Lembke. Er sei dankbar für die Unterstützung.

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