Suche nach ukrainischer Partnerstadt

Stormarner Tageblatt  17.12.2022

Alle Lokalpolitiker sind dafür, aber trotz allem gibt es lebhafte Diskussionen

Ukraine-Wimpel vor dem Stadthaus am Markplatz in Bad Oldesloe. Sie sind ein Überbleibsel einer großen Solidaritätskundgebung im Frühjahr 2022.  Patrick Niemeier
Ukraine-Wimpel vor dem Stadthaus am Markplatz in Bad Oldesloe. Sie sind ein Überbleibsel einer großen Solidaritätskundgebung im Frühjahr 2022. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier

Es kommt wirklich selten vor, dass die Oldesloer Stadtpolitik eine Idee der FBO-Fraktion einheitlich so lobt, wie es im Fall der Einrichtung einer Städtepartnerschaft mit einer Stadt in der Ukraine der Fall war. Denn generell waren alle Fraktionen dafür. Doch dann entbrannte trotzdem eine emotional geführte Diskussion.
Der Grund dafür war die Art des Antrages und die Form des Vortrags durch den Fraktionsvorsitzenden, Matthias Rohde (FBO). Denn die Wählergemeinschaft wollte beschließen lassen, dass Bürgermeister Jörg Lembke sich quasi auf die Suche nach einer passenden Stadt in der Ukraine begebene und auch die Städtepartnerschaft auf den Weg bringen sollte.
Doch da protestierte Dr. Hartmut Jokisch (Die Grünen). „Ich gebe zu bedenken, dass das nicht der übliche Weg ist. Alle anderen Städtepartnerschaften sind von Freundeskreisen auf den Weg gebracht worden und werden von diesen betreut“, so Jokisch.
Wenn die Verwaltung das nun im Fall der Ukraine übernehmen solle, dann müsste dafür auch Personal bei der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Und entsprechend würde das auch nachvollziehbare Begehrlichkeiten mit Blick auf die übrigen Städtepartnerschaften mit Beer-Yaacov, Jifna, Kolberg und Olivet wecken.
Der parteilose Andreas Lehmann sah es ähnlich. „Emotional bin ich bei dem Vorschlag der FBO – natürlich. Aber wenn man darüber nachdenkt, merkt man, dass man sowas nicht so einfach mal machen kann“, sagte der Stadtverordnete.
Deutlicher wurde Horst Möller (CDU): „Das sieht alles nach Lippenbekenntnissen aus. Ich fordere die FBO auf, voranzugehen und das in die Wege zu leiten“, sagte der Christdemokrat. „Ansonsten ist das alles sinnlos und nur ein Papiertiger“, so Möller weiter.
Auch Anita Klahn (FDP) forderte die FBO auf, mit konkreten Vorschlägen zurückzukehren: „Wenn die Verwaltung sich darum kümmern muss, gebe ich Hartmut Jokisch recht. Dann muss das mit einer Stelle hinterlegt werden.“ Die FBO solle nicht unter einem Deckmantel scheinbar sozialen und moralischen Handelns solche Anträge stellen, die „gar nicht gehen“.
„Solidarisch können wir uns ständig erklären. Aber wenn das nicht mit Geld hinterlegt wird, dann bleibt das nur ein Lippenbekenntnis“, so Klahn weiter. „Ich finde es unglaublich, dass das Leid der Ukraine hier genutzt wird, um öffentlich sozial und moralisch zu erscheinen“, sagte die ehemalige Landtagsabgeordnete.
Rohde platzte nach diesem Vortrag der Kragen. „Das läuft hier in die ganz falsche Richtung“, sagte er. „Es braucht keinen Verein für eine Städtepartnerschaft. Wo steht das? Wenn hier alle gegen eine Städtepartnerschaft mit der Ukraine sind, sollen sie einfach dagegenstimmen“, sagte der FBO-Mann.
„Ich höre hier viele wortreiche und wortschwallige Beiträge von Bedenkenträgern. Und das nur, um eine Städtepartnerschaft zu verhindern“, polterte Rohde. „Will die FDP vielleicht nur, dass ihr Name über dem Antrag steht“, legte er nach.
„Damit haben Sie ja gerade zugegeben, worum es Ihnen eigentlich selbst geht“, konterte Klahn direkt. „Wirklich niemand hier hat sich gegen die Idee Städtepartnerschaft ausgesprochen. Doch welcher Weg ist der richtige?“, fragte Hans-Jörg Steglich (Stadtfraktion).
Ein wenig Zuspruch für den FBO-Antrag kam aus den Reihen der SPD. Man habe es nicht ganz so kritisch wie die anderen Fraktionen gesehen und man müsse auch an die besonderen Bedingungen in der Ukraine denken. „Ich würde mir langfristig dann aber auch wünschen, dass wir eine neue Städtepartnerschaft mit einer russischen Stadt eingehen“, ergäntze Hans-Herrmann Roden (SPD).
Man habe selbst kürzlich nach einer eigenen Spendenaktion erlebt, dass es nicht so einfach sei, wenn es darum ginge, die Spenden auch gezielt an einen Ort in der Ukraine zu bringen, gab Torben Klöhn (SPD) zu bedenken. Eine Städtepartnerschaft ermögliche besseren und nachhaltigeren Kontakt.
Nach einigen weiteren Diskussionen stimmte der Hauptausschuss und schließlich auch die Stadtverordnetenversammlung für einen Kompromiss.
Der sieht so aus, dass zunächst ein Freundeskreis gegründet werden soll. Damit sich ein solcher finden kann, soll Bad Oldesloes Bürgermeister zu einem Treffen rund um die von allen gewünschte Städtepartnerschaft mit einer Stadt in der Ukraine einladen.

Dieser Beitrag wurde unter Presseartikel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.