Wohnungsmarkt in der Krise

Stormarner Tageblatt  14.01.2023

Im Kreis Stormarn wird im Vergleich zur Nachfrage nach Wohnraum zu wenig gebaut

Finn Fischer

Wer derzeit in einschlägigen Internetplattformen nach einer bezahlbaren Wohnung sucht, wird mit großer Wahrscheinlichkeit enttäuscht. Wer ein gutes Angebot gefunden hat, muss häufig mit dutzenden anderen Interessenten konkurrieren. Glücklose müssen zahlen, und das nicht zu knapp.
Noch vor zehn Jahren kostete der Quadratmeter laut Mietspiegel in Stormarn 7,73 Euro (Kaltmiete). Mittlerweile (Stand 2022) sind die Mieten bei 10,76 Euro angelangt. Für eine 80-Quadratmeter-Wohnung wären das 860 Euro plus Nebenkosten.
Weil die Mieten seit Jahren steigen, hat der Kreis Stormarn 2018 das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ gegründet. Erklärtes Ziel: 1000 neue Wohnungen jährlich. Doch auch knapp fünf Jahre nach der Gründung bleiben die Fertigstellungsanzeigen beim Kreis dreistellig, wie Landrat Henning Görtz sagt. Mit jährlich 700 bis 900 neuen Wohnungen sei Stormarn nicht weit entfernt, aber: „Das größere Problem ist bei uns in Stormarn tatsächlich, dass die Wohnungen, die gebaut werden, nicht unbedingt die sind, die wir am meisten benötigen“, stellt Landrat Henning Görtz fest.
Damit meint der Landrat „bezahlbaren und einkommensgerechten Wohnraum“. Hinzu komme noch der immense Wohnraumbedarf, der durch den Ukrainekrieg zusätzlich entstanden ist. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen hat der Kreis Stormarn – selbst als Mieter – reichlich Probleme, geeignete Apartments für Flüchtlinge zu finden, wie Edith Ulferts, Leiterin des zuständigen Fachbereichs Gesundheit und Soziales bei der Kreisverwaltung, berichtet.
„Es ist gerade eine sehr große Herausforderung für uns, entsprechenden Wohnraum zu finden“, sagt Ulferts. Denn hier sei der Kreis auch an die Mietgrenzen gehalten. Ulferts: „Wir können ja nicht einfach alles zu jedem Preis anmieten.“
Doch wie lässt sich die Wohnungskrise lösen? Der Kreis will Kommunen möglichst offensiv und planerisch unterstützen und ermutigen, in die Bauleitplanung einzusteigen. „Wir haben die Kontakte zu den Wohnungsbauunternehmen und vermitteln da auch“, sagt Landrat Görtz. Allerdings seien dem Kreis auch Grenzen gesetzt. „Das machen wir schon so gut wir können, aber zurzeit sind die äußeren Rahmenbedingungen schwierig.“
Noch nie war bauen so teuer wie heute. Die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude in Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im November 2022 um 16,9 Prozent gegenüber November 2021 gestiegen. Hinzu kommt, dass nicht jedes Grundstück, das auch bebaubar ist, baureif gemacht wird.
„Das erste ist, dass Bauen wieder finanzierbar gemacht werden muss. Und da müssen wir uns auch über Standards unterhalten“, so Görtz. Auch die Investitionsbank könne ihre Fördermöglichkeiten an die gestiegenen Zinsen und Baupreise anpassen. Ein eigenes Förderprogramm hat der Kreis Stormarn nicht, weil er nicht aktiv in den Wohnungsmarkt eingreifen will. Allerdings findet jetzt wieder ein anderes Thema zurück in die politische Diskussion.
Eine Wohnungsbaugesellschaft ist in den letzten Haushaltsberatungen von den Grünen auf die Agenda gesetzt worden. Landrat Henning Görtz: „Über eine Kreiswohnungsbaugesellschaft soll in den nächsten Monaten nochmal diskutiert werden. Ich selber bin da skeptisch, ob wir dadurch tatsächlich mehr bauen werden, aber passieren muss auf jeden Fall etwas.“

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