Betrachtungen zum Wochenausklang: Da hängt manches Fähnchen im Wind

Stormarner Tageblatt   22.09.2018

Stormarner Wochenschau

Da hängt manches Fähnchen im Wind

Megi Balzer

Megi Balzer

Stiller Ort Das hat der Landtagsabgeordnete Lukas Kilian schön formuliert: Das stille Örtchen dürfe keine No-Go-Area sein, kommentierte er die Landesförderung für die Sanierung von Schultoiletten. Recht hat er, aber es wäre noch schöner, wenn das auch für No-Go-Areas gelten würde, bei den man die Tür nicht hinter sich zuziehen kann. Das mag zwar in Schleswig-Holstein kaum ein Problem sein, aber weit muss man nicht über die Landesgrenze gehen. Die Schultoiletten sind ein Anfang, und kein ganz unwichtiger. Der Autor dieser Zeilen fragt sich seit langem, wie es sein kann, dass in einer weiterführenden Schule in Bad Oldesloe seit Jahren nur noch jede zweite oder dritte Dusche oder gar keine funktioniert, und Toiletten in Sporthallen lieber gesperrt als in Ordnung gebracht werden. Was verschärft noch für Föhne oder Wandspiegel gilt. Wieso braucht es dafür Landesprogramme? Die Verantwortung für die unhaltbaren Zustände liegt eindeutig beim Schulträger. Für Neubauten, Mensen oder Smart-Boards war auch meist Geld da. Das eine, was man will, das andere, was man muss.

Lauter Protest Sie machen das mit den Fähnchen. Und das schon seit vielen Jahren und jetzt nicht nur vor dem Schloss Ahrensburg, wo der Kontrast besonders gut wirkt, sondern auch in mehreren anderen Städten Stormarns. Als der Kinderschutzbund Stormarn erstmals die Fähnchen steckte, war es eine Aktion, die visualisierte, wie viele arme Kinder es gibt. Nach 13 Wiederholungen sollte das bekannt sein. Zudem hat sich in den 14 Jahren viel getan. 2004 gab der Kreis brutto 61,6 Millionen für soziale Hilfen aus, in diesem Jahr sind es 139 Millionen (30 Prozent Kreisanteil). In gleichen Zeitraum stiegen die Ausgaben in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe von 27,9 auf 77,6 Millionen, (55 Prozent Kreisanteil). Die beiden Posten machen mittlerweile 70 Prozent der Ausgaben aus, an der Zahl der armen Kinder hat sich aber nicht Wesentliches geändert. Was nicht nur aber auch damit zu tun hat, dass Armut statistisch definiert wird: Als bestimmter Prozent des Durchschnitts. Also werden uns die Fähnchen als Werbeaktion erhalten bleiben. Erst wenn alle dasselbe verdienen – oder Hartz IV bekommen – wird es keine armen Kinder mehr geben. Also theoretisch.

Rolf Blase

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