Chancengleichheit oder Subvention

Stormarner Tageblatt   18.02.2019

Stadt möchte junges Start-Up oder Berufsrückkehrer unterstützten

Um dieses Ladengeschäft im Erdgeschoss der Hindenburgstraße 47 geht es. Niemeier
Um dieses Ladengeschäft im Erdgeschoss der Hindenburgstraße 47 geht es. Niemeier

Patrick Niemeier Bad Oldesloe Immer wieder wird die Oldesloer Stadtverwaltung von der Wirtschaftsvereinigung, von den Kaufleuten, aber auch von Teilen der Lokalpolitik dazu aufgefordert, etwas für die Attraktivität in der Innenstadt zu tun. Bürgermeister Jörg Lembke, Bauamtsleiter Thilo Scheuber und Ladenflächenmanagerin Inke Koch griffen daher einen Vorschlag des Vereins „Wir für Bad Oldesloe“ auf: Sie wollen ein Ladengeschäft, das in städtischem Besitz ist, zwei Jahre lang an junge Kaufleute oder Berufsrückkehrer für eine deutlich verringerte Miete vermieten. Statt 788 Euro pro Monat sollen die Geschäftsräume im aktuell leer stehenden Laden in der Hindenburgstraße von Juli 2019 bis Juni 2020 für nur 388 Euro zu haben sein. Das würde insgesamt Mindereinnahmen in Höhe von 9600 Euro für die Stadt bedeuten – aber eben vielleicht auch jemanden in die Fußgängerzone locken, der etwas ausprobieren möchte und gleichzeitig dadurch das Angebot erweitert. „Es entstand die Idee, dass wir jemanden unterstützen können, der sich nicht direkt dem Preiskampf und dem Verdrängungswettbewerb ausliefern muss“, so Bauamtsleiter Scheuber. Der Interessent mit dem spannensten Angebot und bestem Businessplan solle den Zuschlag und diese besondere Chance in der Kreisstadt–Fußgängerzone erhalten.

„Wir würden damit sehr gerne jemandem auf die Füße helfen. Wir halten das für wünschenswert für unsere Innenstadt, weil wir in unserer Immobilie diese Möglichkeit haben. Es gibt das Vorbild aus Danneberg, wo das gut funktioniert. Der Wir-Verein hat uns darauf aufmerksam gemacht. Es ist nichts, was unmöglich wäre“, so Bürgermeister Lembke, der auf die Zustimmung des Finanzausschuss gesetzt hatte. Da oft von privaten Vermietern gefordert werde, dass sie die Mieten senken, um die Innenstadt zu beleben, würde man auch mit gutem Beispiel vorangehen.

Doch dazu kam es zunächst nicht. Die FDP hatte Bedenken angemeldet und stellte einen Antrag, dass die Immobilie nicht unter Wert vermietet werden dürfe. „Sie haben die Segmente Kleidung, Dekoration, Schmuck und Lederwaren genannt – all das haben wir schon in der Stadt. Andere Kaufleute mussten sich auch durchbeißen und etwas aufbauen. Dass wir als Stadt einen Mitbewerber subventionieren, verstehen wir nicht“, so Heiko Vosgerau. Die Liberalen der Kreisstadt wünschten sich stattdessen Alternativen:, einen Verein, der bisher im Bürgerhaus beheimatet ist oder – angesichts der Raumnot der Verwaltung – die Stadt selbst als Nutzer der freien Fläche. „Also die Vereine im Bürgerhaus – die sind doch gerade zufrieden. Warum sollten wir das anfassen? Wir begrüßen das Modell. Wir verstehen die FDP nicht, die ist doch sonst immer für Wirtschaftsförderung und Start Ups“, zeigte sich Wilfried Janson (Die Grünen) etwas verstimmt. Er hätte den Vorschlag der Stadt gerne abgestimmt. „Wir sind skeptisch, was solche Wirtschaftsförderungsprojekte angeht, aber man sollte der Sache eine Chance geben“, so Hendrik Holtz (Die Linke). „Wir sehen die Bedenken der FDP, haben dazu aber noch keine Meinung, weil uns das ja leider nun erst hier bekannt wurde. Daher können wir nicht über den Antrag der FDP abstimmen“, sagte Björn Wahnfried (SPD). Gemeinsam mit CDU und FBO einigte man sich darauf, das Thema in den Fraktionen neu zu beraten und daher in den nächsten Finanzausschuss zu vertagen. Bürgermeister Lembke gab noch mit auf den Weg, dass das Geschäft trotz der relativ attraktiven Lage in der Nähe des Marktplatzes und durch das „veraltete Schaufensterkonzept“ und einer relativ geringen Ladenfläche am freien Markt nicht sehr einfach zu vermieten sein werde.

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