Eine Frage des Verzichts

Stormarner Tageblatt  26.10.2020

Sollten Oldesloer Stadtverordnete wegen der Corona-Folgen die Entschädigungserhöhung nicht in Anspruch nehmen?

In der Corona-Pandemie  tagt die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt in der Festhalle.  Nie
In der Corona-Pandemie tagt die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt in der Festhalle. Nie

Patrick Niemeier Bad Oldesloe Die Haushaltsberatungen stehen in den Städten und Gemeinden vor der Tür – und sie werden stark von den finanziellen Folgen der Corona-Pandemie geprägt sein. Schon jetzt heißt es auch in Bad Oldesloe, man werde genau hinschauen müssen, was man sich noch leisten kann und was nicht. Erste Gerüchte über Kürzungen stehen im Raum. Auf Antrag der CDU wurden in den vergangenen Ausschüssen fast alle Tagesordnungspunkte vertagt, die zukünftig für Kosten sorgen könnten oder Mindereinnahmen bedeuten.

Zu Beginn des Jahres – als Corona ein Problem irgendwo im fernen China zu sein schien – hatten die Stadtverordneten in einer chaotischen Sitzung eine deutliche Erhöhung ihrer Entschädigungen beschlossen. Dann kam das Virus und die Haushaltslage mit Blick auf 2021 veränderte sich – doch die Entschädigungserhöhung blieb. Erste Lokalpolitiker signalisieren nun, dass sie bereit seien, auf Teile ihrer Entschädigungen zu verzichten. „Wir haben damals gleich gesagt, dass wir das, was wir mehr bekommen, spenden wollen“, sagt Anita Klahn (FDP). Ihre Fraktion war damals gegen die Erhöhung auf 90 Prozent des Höchstsatzes und hätte sich eine moderatere Anpassung gewünscht. Wenn die Jahresendabrechnung komme, wisse man, wie viel Geld das sein werde und wohin es gespendet werde. „Vor allem finden wir es aber auch interessant, zu schauen, welche Sitzungen überhaupt stattgefunden haben. Und wenn sie corona-bedingt abgesagt wurden, ob dort trotzdem Geld fließen soll“, so die Liberale weiter. Die wegfallenden Entschädigungen für ausgefallene Ausschüsse und Stadtverordnetenversammlungen, seien ansonsten ja schon mal Einsparungen für die Stadtkasse.

„Wir haben dieses Thema in der Fraktion noch nicht beraten. Ein Teilverzicht gegenüber der vom Land erlassenen Entschädigungsverordnung erfolgt ja bereits seit Jahren, auch nach der Anpassung im Frühjahr“, betont Horst Möller (CDU) und spielt damit darauf an, dass die Stadtverordneten der Kreisstadt auch nach der Erhöhung „nur“ 90 Prozent des möglichen Höchstsatzes erhalten. „Bevor die Verwaltung nicht einen halbwegs diskutablen Haushaltsentwurf für 2021 vorlegt, wissen wir ja auch nicht genau, wohin der Zug fährt. Sicher wird es Einsparungen und Kürzungen bis zur Beschlussfassung geben, beziehungsweise geben müssen“, so der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten weiter. „Da sind dann wieder alle Optionen offen“, sagt Möller.

Klarstellen wolle die CDU aber an dieser Stelle auch, dass abgelehnte Mehrausgaben oder nicht zugestimmten, aber gewünschte Erhöhungen von Förderungen keineswegs Kürzungen darstellen. Was nicht schon beschlossen sei, könne nicht gekürzt werden.

Wolfgang Schmidt von den Freien Wählern, die der Stadtfraktion angehören, hat eine klare Haltung: „Eine Kürzung von Aufwandsentschädigungen lehne ich ab. Ich bin nicht bereit, auf Entschädigungen für Sitzungen zu verzichten. Das ist ja oft eher zu wenig Schmerzensgeld.“

„Alle werden den Gürtel enger schnallen müssen, warum nicht die Stadtverordneten auch?“, fragt hingegen Matthias Rohde (FBO). „Man engagiert sich doch schließlich ehrenamtlich in seiner Freizeit für die Gemeinschaft aus Verantwortungsgefühl und nicht für Geld“, sagt Rohde. Seine Fraktion hatte bereits im Frühjahr gegen die Erhöhung gestimmt. Die 50.000 Euro hätte die FBO lieber als Finanzierung für mehr Schulsozialarbeiter genutzt. „Es erscheint mir sinnvoll und angemessen, nun diese mehrheitliche Fehlentscheidung zu berichtigen und das Steuergeld der Oldesloer entsprechend einzusparen, um nicht noch weiter ins Minus zu rutschen“, sagt Rohde. Er sieht diesen Vorgang als Teil eines größeren Problems. „Bad Oldesloe muss lernen, mit dem Geld auszukommen, das zur Verfügung steht“, sagt er.

„Diese Forderung ist blanker Populismus und würde in der Summe nicht viel bringen. Sie wird nur von den wirklichen Problemen ablenken“, ist Hendrik Holtz (Die Linke) anderer Meinung. Sparmaßnahmen auf lokaler Ebene seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Nur ein Landes-Bundesrettungspaket wird die Kreise, Städte und Gemeinden vor dem finanziellen Aus bewahren“, ist sich der Linkenpolitiker sicher:„Kaputtsparen ist in der Krise nicht opportun.“

Die SPD antwortet ausweichend auf den Vorstoß. Die Corona-Krise habe nicht primär zu den Haushaltsproblemen geführt, sondern „die seit Jahren stetig steigenden Aufwendungen vieler Posten des Haushalts wie Personal, städtische Gebäude und auch jede Menge freiwilliger Leistungen, beispielsweise für Kindergärten, Kunst und Kultur, Sport und viele weitere“, betont SPD-Fraktionsvorsitzender Björn Wahnfried. Bei den Haushaltsverhandlungen im Januar 2021 werde natürlich alles auf den Prüfstand kommen.

Nur die Grünen-Fraktion gab auf Nachfrage keine Stellungnahme zu dieser Thematik ab.

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