Echo auf Außengastro-Öffnung verhalten

Stormarner Tageblatt  10.04.2021

Harte Vorgaben, niedrige Temperaturen, zu hohe Corona-Zahlen / Gastronomen mit Herausforderungen konfrontiert

Die Außengastronomie bereitet sich auch in Stormarn auf Öffnungsschritte vor. Eisdielen und Bäckereien wollen die Möglichkeiten nutzen, Restaurants sind skeptischer.  Patrick Niemeier
Die Außengastronomie bereitet sich auch in Stormarn auf Öffnungsschritte vor. Eisdielen und Bäckereien wollen die Möglichkeiten nutzen, Restaurants sind skeptischer. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier und Volker Stolten Erleichterung und Skepsis prägen die Reaktionen Stormarner Gastronomen auf die anstehenden Lockerungsschritte für die Außengastronomie ab Montag, 12. April. Viele Restaurants werden nicht mitmachen. So sieht es jedenfalls aus Sicht von Dirk Steenbock (Braaker Krug, Foto), Dehoga-Chef des Kreisverbands Stormarn, aus: „Alle, mit denen ich gesprochen habe, sind sehr zurückhaltend.“
Bei unter zehn Grad Außentemperatur müssten sich die Bedienungen warm einpacken. Da seien Erkältungen quasi programmiert, zeigt er ein Problem auf. Zudem hätten Restaurants und Co. nur eine schützende Wand. Drei Seiten müssten offen bleiben. Da nütze auch kein Heizstrahler etwas. Damit würde man nur die Luft erwärmen, aber nicht für einen behaglichen Aufenthalt der Gäste sorgen.
Erschwerend kämen die steigenden Corona-Zahlen hinzu. „Die Inzidenz geht jeden Tag nach oben. Und wenn wir über 100 sind, können wir eh gleich wieder dicht machen.“ Überhaupt säßen die Gastronomen zwischen Baum und Borke, so Steenbock: „Die Politik schaltet hin und her. Wir wissen gar nicht, woran wir sind. Die Tendenz ist chaotisch.“
Etwas anders sieht es Axel Strehl, Dehoga-Landesvorsitzender und Chef des Ahrensburger Restaurants „Strehl“. „Es ist aus meiner Sicht ein Schritt der Politik in die richtige Richtung“, sagt er. Nachdem die Gastronomie monatelang nichts machen konnte, sei das jetzt eine Chance. Auch wenn er die Probleme sehe und verstehe, habe er die Haltung, dass etwas Optimismus wichtig sei.
Ob es sich finanziell lohne, müsse jeder Gastronom betriebswirtschaftlich für sich entscheiden. Es gebe auch die Chance, sich als Modellprojekt beim Land zu melden. Und wenn diese Betriebstests unter Corona-Bedingungen gut laufen, würden auch andere Betriebe öffnen können.
Für zwei Bad Oldesloer Gastronomen, die wir vor einem Jahr nach dem ersten Shutdown besuchten und die gemeinsam kürzlich in der Vox-Show „Mein Lokal, dein Lokal“ zu sehen waren, wird sich durch die Lockerungen zum 12. April aber erstmal gar nichts ändern.
Rainer Hinz, Besitzer des „Kandelar“, gehört zu denen, die über gar keine großflächige Außengastronomie verfügen. Er sieht die Verhältnisse in solchen Bereichen außerdem auch vielerorts als problematisch an. Gerade wenn jetzt Außengastro erweitert oder neu eingerichtet werde.
„Ich gönne es den Kollegen, die das verantwortungsvoll nutzen wollen. Das Kommen und Gehen, die Registrierung und die Abstände unter den Gästen sind allerdings dort viel schlechter zu kontrollieren als in einem Innenbereich, wo man durch eine Tür rein- und wieder rausgeht“, sagt er.
„Ich verstehe nicht, warum wir als Orte mit guten Hygienenkonzepten, die wir keine Treiber der Pandemie waren und sind, so früh schließen mussten und so spät wieder öffnen dürfen“, fügt er an. „Zwei, drei Wochen wirklich alles zu und dann geplant hochfahren – das wäre aus meiner Sicht die sinnvolle Entscheidung gewesen“
Er habe sein komplettes Restaurantpersonal entlassen und werde über eine Öffnung selbst dann „sehr genau nachdenken“, wenn es ihm theoretisch wieder erlaubt wäre. „Erst wenn klar ist, dass die Situation so im Griff ist, dass ich nicht in einer vierten Welle wieder schließen muss, würde ich das überhaupt angehen“, sagt er.
Während Bäckereiketten und Eisdielen bereits erklärt haben, dass sie von dem Außengastro-Angebot ab Montag Gebrauch machen wollen, wird es vor der Oldesloer Bar Laurent auch weiterhin keine Cocktails geben. Betreiber Alessio Zagari setzt dort seit einer Woche auf ein Testzentrums-Konzept, das erfolgreich läuft. Daher heißt es dort auch ab Montag Corona-Test statt Cocktail. „Das Testzentrum wird sehr gut angenommen und das wird auch erstmal weiter so betrieben“, sagt der Gastronom.
Auch sein Restaurant am Marktplatz wird weiter bis mindestens Mai nur Außer-Haus-Verkauf anbieten. „Ich müsste Personal einstellen und Waren kaufen. Letztes Mal musste ich mehrere Fässer Bier entsorgen auch die Säfte im Lager sind verfallen“, erklärt er. Der Inzidenzwert in Stormarn sei für eine sichere Planung zu hoch, die Perspektive zu wackelig. „Ich hoffe auf Mai. Dass dann die Zahlen sinken und der Plan besser ist. Momentan würde es sich sowieso kaum lohnen. Wenn ich die Regeln einhalte, kann ich draußen vielleicht zwei, drei Tische aufstellen bei mir. Das ist dann kein Gewinn, das macht nur mehr Kosten“, sagt er. Erst recht, wenn man nach einigen Wochen wieder schließe.
Für ihn als Gastronom sei die Situation schwer auszuhalten. „Du hast immer gemacht und getan – Tag und Nacht, und plötzlich sitzt du da, wie ein alter Mann und wartest, dass das Telefon geht und jemand mal eine Pizza bestellt“, beschreibt Zagari die Situation.
Auch nach der Pandemie sei für viele Restaurants die Krise nicht vorbei. Denn zum Teil wurden Kredite aufgenommen. „Da fängst du dann quasi erstmal im Minus wieder an“, sagt er.

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