Aushängeschild statt Schandfleck

Stormarner Tageblatt  07.06.2021

Bad Oldesloe: Bürgermeister setzt auf Abriss, um den Stadteingang im großen Stil aufzuwerten

Da gab es die Jugendstilfassade noch: Das Gebäude des Kaufhauses Nickel in der Lübecker Straße in den 1960er Jahren vor der Verkleidung mit einer Alu-Wand.  Stormarner Tageblatt Archiv.
Da gab es die Jugendstilfassade noch: Das Gebäude des Kaufhauses Nickel in der Lübecker Straße in den 1960er Jahren vor der Verkleidung mit einer Alu-Wand. Stormarner Tageblatt Archiv.
Der hintere Teil des Ex-Kaufhauses ist zum Teil über Wasser gebaut. Ein Abriss wird sich kompliziert gestalten. Seit einigen Jahren ist der Bereich gesperrt.  Patrick Niemeier

Das Gebäude Lübecker Straße 26 (im Hintergrund mit der bemalten Wand) ist bereits im städtischen Besitz und wird zeitnah abgerissen. Beim ehemaligen Kaufhaus Nickel mit der Alu-Fassade hofft der Bürgermeister auf baldige Klärung.  Patrick Niemeier
Das Gebäude Lübecker Straße 26 (im Hintergrund mit der bemalten Wand) ist bereits im städtischen Besitz und wird zeitnah abgerissen. Beim ehemaligen Kaufhaus Nickel mit der Alu-Fassade hofft der Bürgermeister auf baldige Klärung. Patrick Niemeier
 
 Patrick Niemeier

Es ist optisch wirklich keine gute Visitenkarte, die die Stormarner Kreisstadt aktuell ihren Besuchern im übertragenen Sinne überreicht, die auf dem Parkplatz an der Lübecker Straße ihr Fahrzeug abstellen.
Wer die nur einige Meter entfernt beginnende Fußgängerzone nicht kennt, wird von verfallenden Leerständen und einem nicht gerade attraktiven Parkplatz willkommen geheißen und dreht im Zweifel wohl direkt wieder um. Werbung für einen Kleinstadt-Einkaufsstraße sieht anders aus.
Vor allem das Gebäude des ehemaligen Kaufhaus Nickel in der Lübecker Straße 12 ist eine der unattraktivsten Immobilien im Kreis, die daher nicht selten als größter „Schandfleck“ der Kleinstadt bezeichnet wird.
Auch in der aktuellen Befragung von Bürgern zum groß angelegten Projekt „Bad Oldesloe 2.0“, das Visionen für die Kreisstadt im Jahr 2030 entwickelt, wurde dieser Ort und seine Umgebung als besonders negativ vermerkt.
Dabei war eine zeitlang sogar noch vermutet worden, dass hinter der Alu-Verkleidung aus den 1970er Jahren eine schützens- und restaurieungswürdige Jugendstilfassade schlummern könnte.
Das immer weiter verfallende Gebäude, das laut Bürgermeister Jörg Lembke „wohl kein Mensch in Bad Oldesloe so erhalten möchte“, wurde in den Grundzügen 1907 erbaut. 1924 kaufte es der Bäcker und Konditormeister August Eichelbaum. 1944 wurde der hintere Teil des Gebäudes bei einem Luftangriff der Alliierten im zweiten Weltkrieg zerstört. Die erwähnte-Jugendstil-Fassade soll damals allerdings zunächst erhalten geblieben sein, wie auch historische Fotos beweisen.
1965 zog schließlich das Kaufhaus „Nickel“ ein, das den Bau 1979 mit der bis heute zu sehenden und damals hochmodernen Alu-Front ausstattete. Die Jugendstilfassade, das weiß man mittlerweile, wurde dabei allerdings abgerissen.
Nach dem Auszug von „Nickel“ diente das Gebäude zunächst noch als Teil der großen Nachfolgekaufhäuser „Mohr“ und „M&H“, die ihre Front zur Mühlenstraße hin hatten. Auch das Preisparadies und ein Teppichhändler waren in den Räumlichkeiten zeitweise untergebracht. Die Wohnungen im Obergeschoss wurden schließlich in den 2000er Jahren gekündigt.
Nach dem Auszug des Kaufhaus „M&H“ auch aus dem vorderen Teil im Jahr 2012 und der anschließenden Entkernung des Bereichs des Gebäudekomplexes zur Fußgängerzone hin, wo heute „dm“ und „C&A“ untergebracht sind, wurde die Immobilie zur Lübecker Straße hin gar nicht mehr genutzt.
Eine Neunutzung ist auch nicht mehr angedacht. Warum steht das Gebäude dann eigentlich noch? Bürgermeister Jörg Lembke erklärt, dass die Besitzverhältnisse nicht ganz einfach wären und man auch bedenken müsse, dass ein möglicher zukünftiger Abriss durchaus komplex werde. Denn Teile des Gebäudes sind über die Trave gebaut.
Die Stadtverwaltung habe aber die Hoffnung, dass es in in naher Zukunft gelingen könne, Ideen für eine Überplanung zu entwickeln, wenn denn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Viel mehr könne er aus Rücksicht auf die Rechte Dritter und Vertragsinhalte nicht öffentlich sagen.
Die Pläne – oder besser Wünsche – des Verwaltungschefs sind dabei durchaus konkreter. Denn nur wenige hundert Meter weiter hat die Stadt bereits ein Gebäude in der Lübecker Straße 20 erworben, das zeitnah abgerissen werden soll.
In dem Gebäude waren zuletzt ein Bäcker, ein Croque-Laden, eine Döner-Imbiss und eine Schneiderei untergebracht, die alle nach und nach im Jahr 2020 auszogen und zum Teil nun in der Mühlenstraße zu finden sind.
„Wir planen jetzt einen zeitnahen Abriss“, betont Lembke. „Wenn wir das Gebäude abgerissen haben und es uns mittelfristig gelingt, auch das ehemalige Nickelgebäude abreißen zu lassen, entsteht dort inklusive des Parkplatzes, eine wirklich große, innerstädtische Fläche, die ein Sahnestücke ist“, sagt der Verwaltungschef.
Ihm schwebe vor, dass sobald es gelingen sei, den entsprechenden Platz und klare Besitzverhältnisse zu schaffen, ein Ideen- und Realisierierungswettbewerb wie für das Gelände der ehemaligen VHS auf den Weg gebracht werde. Er hoffe, dass dieser Eingangsbereich in die Fußgängerzone dann komplett neu gedacht werden kann. Aus dem Schandfleck soll schließlich ein Vorzeigeprojekt werden.
Tatsächlich könnte Bad Oldesloe dadurch inklusive des bereits angestoßenen Umbaus des Bereichs rund um die ehemalige VHS in der Königstraße ein ziemlich anderes, innerstädtisches Gesicht erhalten.
Ideen, was dort großflächig entstehen könnte, gibt es bereits zuhauf. So gab es bereits Vorschläge, eine neue Straßenzeile mit Geschäften und Büros entstehen zu lassen, die architektonisch an historische Bauten der Stadt anknüpft.
Auch ein größeres, innerstädtisches Hotel mit Restaurant und einer Dachterasse oder ähnlichen Attraktionen wurde mehrfach ins Gespräch gebracht. Der Parkplatz könnte dabei einer Tiefgarage weichen, die mehr Möglichkeiten an der Oberfläche eröffnen würde.
Doch dafür muss die Stadt tatsächlich erstmal die Besitzverhältnisse ordnen. „Das kann ich nicht weiter kommentieren. Dass wir, wie wohl alle Oldesloer, ein Interesse daran haben, das gesamte Gelände zu überplanen, sollte klar sein“, sagt Lembke.

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