Stormarner Wochenschau: Nichts gelernt?

Stormarner Tageblatt  26.06.2021

Nichts gelernt?

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Patrick Niemeier

Das alte „Normal“
Überall hören wir den Begriff momentan: „Normalität“. Doch was ist diese angebliche „Normalität“ ? Schnell fallen Sätze wie „Alle freuen sich über die Rückkehr in die Normalität“. Aber ist das wirklich so? Besucherzahlen bei so manchen Events sprechen eine andere Sprache. Viele Menschen sind noch vorsichtig. Oder sie haben sich schlichtweg umgewöhnt. Innerhalb über einem Jahr Pandemie haben manche Mitmenschen neue Hobbys und Leidenschaften entdeckt. Hinzu kommt das sogenannte „Cave Symptom“, das dafür steht, dass Mitmenschen lieber in ihrer „Höhle“ bleiben wollen und teilweise sogar Angst vor der Rückkehr in volle Züge, Büros und Konzerthallen haben. Es ist erfreulich, dass die Pandemie aktuell im Griff scheint, aber sie ist noch nicht überstanden. Und wenn wir diese Phase hinter uns haben, warten so viele Herausforderungen auf die Gesellschaft und auf alle Beteiligten von Klimawandel bis hin zu Altersarmut oder auch der politische Frust. Daher ist die „Normalität“ sicherlich nicht für alle schön und ein Grund zur Freude und die „Normalität“ auch sicherlich nicht ein einfach so hinzunehmender „Normalzustand“. Es bleibt zu hoffen, dass wir alle irgendwas aus den vergangenen Monaten lernen auf so vielen Ebenen. Doch ob das gelingt und was das genau ist, das wird sich wohl erst noch zeige.

Vorfreude
Oftmals hört man aus der Kultur- oder auch Gastroszene vor allem das große Jammern, wie schlimm in Coronazeiten alles gewesen sei. Zumindest klingt es oft so, wenn man pauschale Berichte von Lobbyverbänden liest. Doch ist das wirklich vor Ort so? Ein tolles Beispiel, dass es tatsächlich auch anders laufen kann, ist das Bad Oldesloer Kino. Betreiber Heinz Wittern sprüht momentan vor Begeisterung und Euphorie. Und er zeigt sich sehr dankbar für viele tatsächliche Hilfen die geflossen sind. Er scheint fast noch motivierter, als vor der Pandemie. Während er bereits mit den sprichwörtlichen Hufen schart, stehen noch ein paar Herausforderungen auf dem Plan, die er nicht so richtig beeinflussen kann. Denn ob Eis, Getränke oder Popcorn – der Shutdown und Kurzarbeit haben quer durch die Branchen ihre Spuren hinterlassen, sodass es mit dem Lieferungen nicht ganz so selbstverständlich läuft, wie vor Corona. Denn sehr viele Produkte mussten entsorgt werden und mit einer zeitweise unsicheren Zukunft, wurden manche Produktionen auch noch nicht wieder hochgefahren. So könnte es zu der Situation kommen, wie sie unsere Karikaturistin Megi Balzer in ihrem Bild zeigt, wenn nicht nur zahlreiche Film-Freunde am 1. Juli vor der Tür zum OHO-Kino Schlange stehen, sondern auch die Eis- und Popcorn-Lieferanten gerade noch rechtzeitig für die süße Begleitung beim Kinoerlebnis sorgen.

Wettbewerb
Apropos aus der Krise etwas lernen.: Auf Kreisebene sollten sich die Städte und Gemeinde noch mehr darauf konzentrieren, dass die Stärken der einzelne Orte mehr für das Gesamtbild genutzt werden. So spart man sich sinnlose Energieverschwendungen. So mancher Lokalpatriotismus ist ja ganz putzig, aber am Ende des Tages auch ziemlich engstirnig und auf Dauer langweilig. Welches Freibad nun als erstes oder letztes öffnete oder bei wem zuerst wieder auch ohne Bahnenschwimmen geplantscht werden sollte, ist nicht unbedingt relevant. Ebenso ist es – vielen Protagonisten sowieso – komplett egal, welche Kleinstadt im Kreis das beste Kulturprogramm anzubieten hat. Es braucht keine eine Kulturhochburg, sondern kreisweit ein abwechslungsreiches Kulturangebot. Die Qualitäten zwischen Schloss Reinbek, Marstall Ahrensburg, Kleines Theater Bargteheide und KuB Bad Oldesloe sind sehr unterschiedlich verteilt. Auch die Budgets und der Umfang der Spielpläne sind nicht zu vergleichen. Und wenn man nun in manchen Kommentaren liest, dass doch diese oder jene Stadt als erste wieder besonders stark hochfahre und besonders viel anbiete, dann wirkt es doch viel dörflicher und kleinstädtischer als man sein sollte, wenn man wirklich die Region kulturell stärken möchte. Denn vergleichbar sind die genannten und auch die weiteren Spielstätten tatsächlich genauso wenig wie die Freibäder.

Geimpft
Wochenlang war der Frust groß. Es gab nicht genug Impftermine oder nicht genug Impfstoff. Zahlreiche Stormarner schimpften, dass sie in einer Warteschlange auf impfen.sh festhingen. Nun gab es kurzfristig Impfmöglichkeiten ohne Termine in Bad Oldesloe und Bargteheide. Wer mit einem großen Ansturm rechnete, wurde überrascht. Es kamen viel weniger Interessenten als Impfdosen. So groß kann der Impfdruck dann wohl doch nicht sein.

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