Verwaltung kritisiert IT-Dienstleister

Stormarner Tageblatt  27.08.2021

Oldesloes Bürgermeister Jörg Lembke unzufrieden / Anbieter wehrt sich gegen Vorwürfe

Patrick Niemeier

In Betrieben und im Bereich der Bildung, bei Verbänden und in der Politik steht das Thema ganz oben auf der Agenda: Digitalisierung. Die Corona-Pandemie mir ihren Abstandsregeln und der Notwendigkeit zum Home-Office hat dieser Entwicklung noch einmal einen Turbo verpasst, auch in Kommunen, Städten und Gemeinden.
Doch aus Sicht der Bad Oldesloer Stadtverwaltung gilt das nicht für den IT-Verbund. Dieser ist seit Juli 2013 in der Kreisstadt für das Verwaltungsnetz zuständig. Gegründet wurde er als Anstalt öffentlichen Rechts zu Jahresbeginn 2013. Er sollte durch die Kooperation mit den Kommunen Arbeitsweisen optimieren und Abläufe erleichtern. Doch von geballter digitaler Kraft, so der Vorwurf aus der Kreishauptstadt, könne leider keine Rede sein.
Träger des ITV Stormarn sind der Kreis, die Städte Bad Oldesloe, Bargteheide, Reinbek und Reinfeld sowie die Ämter Bad Oldesloe-Land und Bargteheide-Land. In den vergangenen Jahren lief zwar nicht alles rund, doch man einigte sich immer wieder darauf, Geduld zu haben. Aber vor allem in Bad Oldesloe ist man aktuell gar nicht mehr einverstanden mit den erbrachten Leistungen. „Ich bin geduldig, aber langsam ist da das Ende der Fahnenstange endgültig erreicht“, sagt Bürgermeister Jörg Lembke. Vertreter des ITV hatten die Lokalpolitik zu Jahresbeginn besucht und Besserung bis zur Sommerpause gelobt. „Davon ist gar nichts eingetreten, muss ich einige Monate später leider sagen“, betont der Bürgermeister im Hauptausschuss.
Das Problem seien zum Beispiel intransparente Abrechnungen. Die Jahresabrechnungen für 2019 und 2020 fehlen demnach noch komplett, alles werde pauschal abgerechnet. „Man könnte überspitzt sagen, ich bekomme eine Rechnung über zwei Millionen Euro, soll die überweisen und weiß gar nicht wofür“, sagt Lembke. Seit Jahren wolle die Stadt eine digitale, elektronische Arbeitszeiterfassung für die Mitarbeiter einführen. Passiert sei nichts. Außerdem würde Software nicht angeschafft, Lizenzen würden nicht bestellt, Arbeitsplätze nicht eingerichtet. „Die stellen uns die PCs quasi nur vor die Tür“, ist der Verwaltungschef erzürnt. Wenn das der Service sei, dann sei dieser mit 2,5 Millionen Euro im Jahr viel zu teuer.
„Wenn wir ein Ticket zur Bearbeitung beim ITV lösen, verfällt es häufiger wegen Zeitüberschreitung oder es wird geantwortet, dass das nicht geleistet werden kann“, so Lembke weiter. Unter den Mitgliedern des Hauptausschusses kam daraufhin die Frage auf, ob es nicht sinnvoller sei, den IT-Verbund zu verlassen. „Das geht nur, wenn die anderen Träger zustimmen. Aber wenn wir sagen, dass wir nicht mehr dabei sein wollen, kann ich mir nur schwer vorzustellen, dass man uns nicht rauslässt“, so Lembke.
Hendrik Holtz (Die Linke) warnte vor einem solchen Schritt. „Das Problem beim ITV ist, dass sie nicht das bezahlen können, was in der freien Wirtschaft für Fachkräfte möglich ist. Es ist naiv zu glauben, dass wir dann als Stadt IT-Spezialisten anstellen könnten.“ Auch Torben Klöhn (SPD) sieht den Ausstieg nicht als echte Option: „Ich denke eher, dass der ITV zum Erfolg verdammt ist. Wir müssen das erfolgreich hinbekommen.“
Karin Heinzen, Personalrätin bei der Stadt Bad Oldesloe, wies darauf hin, dass Bad Oldesloe schließlich selbst ein Teil des Verbunds sei. Es müsse zudem bedacht werden, dass es personelle Engpässe beim ITV gebe.
Christian Nowitzki, IT-Leiter und Portfolio Manager beim ITV, wirbt für Verständnis. „Der ITV befindet sich im Umbruch, was Abläufe angeht. Und wir sind auf einem sehr guten Weg. Die Trägergemeinden, die sich darauf eingelassen haben, sind auch deutlich zufriedener“, sagt er im Hinblick auf Lembkes Vorwürfe.
Natürlich sei die Personalknappheit ein Problem, allerdings auch auf Seiten der Stadt Bad Oldesloe. Es mangele an kompetenten festen Ansprechpartnern, die auf IT-Fragen oder Informationssicherheit spezialisiert seien. So fehle zum Beispiel die Einsicht, dass eben nicht „einfach Mal eine Haushaltssoftware“ gekauft werden könne. Das sei ein monatelanger Prozess inklusive Ausschreibung, Übertragung der Daten und so weiter.
„Tatsächlich ist unser EDV-Beauftragter seit längerer Zeit abwesend, aber es ist nicht so, dass nicht feste Ansprechpartner bestehen“, sagt Lembke. Christian Nowitzki sieht den ITV dennoch auf einem guten Weg. „Ich bin stolz darauf, welchen Weg wir eingeschlagen sind. Ja, in der freien Wirtschaft ginge das alles etwas schneller. Aber wir haben hier sieben unterschiedliche Besitzer, die wir unter einen Hut bekommen müssen.“ „Generell kann man sagen, dass an den Themen Projektmanagement und Kostentransparenz intensiv gearbeitet wird und sich auch schon Verbesserungen ergeben haben“, sagt dazu Landrat Henning Görtz. Es sei vor Kurzem unter anderem ein Nachtragswirtschaftsplan auf den Weg gebracht worden, der auch die Belange Bad Oldesloes berücksichtige.

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