Politik lässt Seniorenbeirat abblitzen

Stormarner Tageblatt  03.11.2021

Kein kostenloser ÖPNV für die älteren Oldesloer Bürger

Finn Fischer

Wer älter ist als 70 Jahre, sollte in Bad Oldesloe kostenlos öffentliche Verkehrsmittel nutzen dürfen. Das zumindest fordert der Seniorenbeirat und argumentiert mit Klimaschutz und Verkehrssicherheit. Doch der Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss erteilte der Idee eine Absage: Zu ungerecht gegenüber jüngeren Menschen oder auch jungen Familien.
Dürfen bestimmte Bevölkerungsgruppen bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bevorzugt werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Oldesloer Lokalpolitik. Zuvor hatte Manfred Huppermann, Vorsitzender des Seniorenbeirats, einen entsprechenden Antrag eingebracht.
Darin fordert der Beirat, dass Menschen der Altersgruppe Ü70 ohne Entgelt die Stadtbusse nutzen dürfen. „Es wäre ein erster Schritt, mehr Menschen in die Busse zu bekommen und damit etwas fürs Klima zu tun. Außerdem gibt es dann weniger Verkehr und weniger Unfälle“, begründete Huppermann den Vorschlag, über den der Seniorenbeirat lange beraten habe.
Die Hansestadt Lübeck sorgte vor einigen Wochen mit einer ähnlichen Aktion für Schlagzeilen. Dort bekommt jeder eine Jahreskarte, der seinen Führerschein abgibt – und das sogar unabhängig vom Alter. Damit verfolgt die Stadt Lübeck ähnliche Ziele, wie jetzt der Seniorenbeirat: Menschen einen Anreiz geben, sich klimafreundlicher fortzubewegen und dabei gänzlich auf das eigene Auto zu verzichten. Doch das will die Oldesloer Seniorenvertretung nicht. „Wir wollen auf keinen Fall, dass die Senioren dann ihren Führerschein abgeben müssen“, stellte Manfred Huppermann klar.
Die kostenlose Nutzung des ÖPNV an die Abgabe der Fahrerlaubnis zu koppeln, hatten die Grünen zuvor vorgeschlagen. „Das könnten wir uns gut vorstellen“, sagte Matthias Adrion (Die Grünen). Grundsätzlich sei der Antrag sympathisch. Menschen zum Umstieg vom eigenen Auto auf Bus und Bahn zu bewegen ist immer ein guter Ansatz. Aber nicht so, findet Adrion: „Es ist schon schwierig, sich eine Altersgruppe herauszupicken und die dann einseitig zu fördern.“
Die Sorge, dass sich dadurch andere Gruppen benachteiligt fühlen könnten, teilten auch andere Ausschussmitglieder. Altersarmut ist in aller Munde. Viele ältere Menschen haben Probleme, mit teils geringen Renten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch andererseits gilt das eben auch nicht für alle.
Und wie finanzschwache Senioren gibt es auch andere Menschen, die ebenso ein kostenloses Busticket gebrauchen könnten. „Es gibt auch Familien, die wenig Geld zur Verfügung haben“, sagte Jens Wieck (CDU).
Und ungerecht, wie die SPD anmerkte. Ausschussmitglied Jürgen Schneider: „Vor dem Gesetz sind alle gleich und wir können ja nicht sagen; du bist alt und deswegen musst du nicht bezahlen. Das ist mit dem Gleichbehandlungsgesetz meiner Meinung nach nicht zu vereinbaren.“
Der Antrag wurde einstimmig bei einer Enthaltung abgelehnt. Grundsätzlich waren sich alle Fraktionen aber darin einig, sich mit den Preisen des Nahverkehrs in Bad Oldesloe auseinandersetzen zu wollen und damit die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Etwa mit der Einführung eines günstigen Jahrestickets, möglicherweise für 365 Euro (ein Euro pro Tag) oder auch preiswerte Monatstickets.

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