Bürgermeister mit 22 Jahren?

Stormarner Tageblatt  24.01.2022

Jonas Ueberschaer aus Bad Oldesloe ist der erste Gegenkandidat für Jörg Lembke

Jonas Ueberschaer (22) will Bürgermeister in Bad Oldesloe werden. fsf
Jonas Ueberschaer (22) will Bürgermeister in Bad Oldesloe werden. fsf

Finn Fischer

Im Falle seiner Wahl wäre er der jüngste Bürgermeister der Oldesloer Geschichte: Jonas Ueberschaer (22) wird den amtierenden Verwaltungschef Jörg Lembke bei der kommenden Wahl am 8. Mai herausfordern.
Noch hat der Oldesloer nicht die 135 nötigen Unterschriften zusammen, die nötig sind, um sich überhaupt erstmal aufstellen zu lassen. Doch das ist wohl nur eine Frage der Zeit. Mehr als 70 Unterstützer hat er bereits gefunden.
„Ich habe schon viel positive Resonanz bekommen“, sagt Jonas Ueberschaer. Bislang wäre er der einzige, öffentlich bekannte Gegenkandidat. Keine der in der Stadtverordnetenversammlung vertretenden Fraktionen hat bisher einen eigenen Herausforderer aufgestellt.
„Anfangs war das eine Schnapsidee“, lacht der 22-Jährige. Doch dann sei das immer konkreter geworden. „Viele meiner Freunde haben mir gesagt, dass sie sich das gut vorstellen könnten und dann habe ich mich dazu entschlossen, das wirklich durchzuziehen.“
Damit kommt zumindest Bewegung in den Wahlkampf. In der Politik ist die Sorge vor einer Niederlage offenbar zu groß. Vor sechs Jahren hatten die Oldesloer die Wahl zwischen vier Kandidaten. Die SPD stellte Maria Herrmann auf, für die CDU trat Jörg Feldmann an. Außerdem standen zur Wahl: Sebastian Schulz und der heutige Amtsinhaber Jörg Lembke (beide parteilos).
Ob es bei zwei Bewerbern bleibt, ist abzuwarten. Die Frist, um eine Kandidatur zu erklären und die nötigen Unterlagen einzureichen, endet am 14. März um 18 Uhr. „Ich empfehle jedoch, die Wahlvorschläge so frühzeitig einzureichen, dass etwaige Mängel noch rechtzeitig vor Ablauf der Einreichungsfrist behoben werden können“, sagt Gemeindewahlleiterin Heike Feig.
Zur Wahl stellten kann sich jeder, der über einen Wohnsitz in der Europäischen Union verfügt, über 18 Jahre alt ist und bis zum Ende der Bewerbungsfrist 135 Unterschriften von wahlberechtigten Oldesloern sammelt – ausgenommen Amtsinhaber oder Kandidaten, die von einer politischen Fraktion vorgeschlagen wurden. Jonas Ueberschaer, das sagt er im Gespräch, will in den nächsten Wochen auch den Kontakt zu den politischen Fraktionen suchen und über eine mögliche Unterstützung sprechen. Wichtig sei ihm dabei aber seine politische Unabhängigkeit: „Ein Bürgermeister sollte immer überparteilich agieren.“
Was als „Schnappsidee“ begann, nimmt der 22-Jährige jetzt sehr ernst. Zwar ist Ueberschaer politisch noch nicht in Erscheinung getreten, ein Unbekannter ist er aber nicht. Als Ortsvorsitzender der DLRG in Bad Oldesloe ist er gut vernetzt.
Für überregionale Schlagzeilen sorgte der Informatiker, als er 2019 einen Datenklau aufdeckte, bei dem unzählige sensible Informationen über Prominente von Kriminellen im Internet veröffentlicht wurden. Unter anderem die Dienstnummer des ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. „Wir haben immer noch hin und wieder Kontakt“, sagt Ueberschaer. Die Sache damals habe sein politisches Interesse geweckt.
Auf kommunaler Ebene kam der erste Kontakt mit der Politik später. Als Ehrenamtler kämpfte er für ein neues DLRG-Hauptquartier, weil das alte in einem katastrophalen Zustand war. Doch im Herbst 2021 brannte die DLRG-Baracke ab. Grund: Ein technischer Defekt.
Die ganze Situation um den jahrelang andauernden Kampf um das DLRG-Vereinsheim ist auch ein Grund für seine Kandidatur: „Als Bürgermeister will ich mich dafür einsetzen, dass Vereine in Bad Oldesloe noch besser unterstützt werden.“ Auch die Digitalisierung müsse viel stärker vorangetrieben werden. Es müsse möglich sein, Behördengänge auch online von zu Hause aus zu erledigen. Ohne einen telefonisch vereinbarten Termin im Stadthaus.
Ebenso vermisst der 22-Jährige Bürgernähe und Transparenz: „Natürlich sind alle Protokolle auf der Seite der Stadtverwaltung einzusehen, aber wer sich nur am Rande für Politik interessiert, hat das nicht auf dem Zettel.“
Als Bürgermeister wolle er regelmäßig mit Videobotschaften über aktuelle Projekte informieren. Auf die Frage, was er jemandem antworten würde, der ihm zu wenig Erfahrung für den Posten des Bürgermeisters unterstellt, sagt Ueberschaer: „Da kann man natürlich schwer gegen argumentieren. Aber es ist ja so, dass niemand als Bürgermeister geboren wird und auch ein 65-Jähriger wird nicht auf Anhieb alles können und wissen.“
Wer mit Jonas Ueberschaer in Kontakt treten will, kann dafür die Mailadresse moin@jonasueberschaer.de nutzen.

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