Landrat gegen Regelverschärfung

Stormarner Tageblatt  26.01.2022

Henning Görtz hält Maßnahmen für angemessen und appelliert, sich impfen und boostern zu lassen

Patrick Niemeier

Fast jeden Tag neue Rekordwerte bei den Infektionszahlen und Inzidenzen: Seit dem Jahresstart scheint die Corona-Lage in Stormarn aus dem Ruder zu laufen. Gestern vermeldete das Gesundheitsamt mit einer Inzidenz von 1543,3 den nächsten Höchststand. Der vorherige Rekord war erst einen Tag zuvor aufgestellt worden.
Doch wie kommen die hohen Zahlen eigentlich plötzlich zustande? Sicher ist, dass die Zahl der Infektionen nach den Omikron-Fällen bei den Weihnachtspartys im Fun-Parc Trittau und im A 1 in Lübeck Ende 2021 sprunghaft angestiegen ist. Laut Kreisverwaltung stapeln sich seitdem auf den Schreibtischen im Gesundheitsamt die täglichen weiteren positiven Testmeldungen. Diese seien aufgrund der Fülle verzögert in die aktuellen Statistiken eingeflossen. Das erkläre laut Landrat Henning Görtz zum Teil die überdurchschnittlich hohe Inzidenz: „Wegen der vielen Neuinfektionen konnten wir diese Rückstände noch nicht vollständig abarbeiten.“ Doch obwohl die Zahlen so hoch seien und das Gesundheitsamt über dem Limit des Machbaren, möchte er von einer Verschärfung der Corona-Maßnahmen im Kreis zunächst absehen. Das Ausbruchsgeschehen sei in Stormarn ähnlich wie in Hamburg, Lübeck und den Nachbarkreisen. Wenn der Kreis nun nur für Stormarn schärfere Regeln verhängen würde, würde ein „Regel-Flickenteppich“ entstehen, der nicht hilfreich sei.
Wichtiger sei es, die bestehenden Regeln zu befolgen, Maßnahmen umzusetzen und noch nicht zu frühzeitig Lockerungen ins Spiel zu bringen. Außerdem weißt Görtz darauf hin, dass neben den reinen Infektionszahlen auch entscheidend sei, wie viele Menschen mit schweren Covid-19-Verläufen in Kliniken eingewiesen werden müssen. Wenn man die Zahlen der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen heranziehen, dann seien diese niedriger als im Vorjahr. „Momentan betrachte ich daher die getroffenen Maßnahmen als verhältnismäßig und sachgerecht“, erklärt Stormarns Landrat.
Zuletzt hatte die Linken-Fraktion im Kreistag gefordert, dass Kreis und Land angesichts der hohen Infektionszahlen handeln. Fraktionschef Florian Kautter bemängelte, dass es so wirke, dass die Anliegen der Wirtschaft offenbar Vorrang hätten und nicht die Gesundheit der Bevölkerung. Es sei wie eine „Durchseuchung mit Ansage“. „Es muss immer auch die Verhältnismäßigkeit betrachtet werden, da jede Maßnahme auch mit Einschränkungen unserer persönlichen Freiheit verbunden ist“, erklärt Stormarns Landrat dazu.
Dass Meldungen, wonach Infektionen mit Omikron mutmaßlich milder verlaufen als Infektionen mit vorhergehenden Varianten des Virus, zu Unachtsamkeit in der Bevölkerung führen können, mag er allerdings nicht ausschließen. Daher sei es sehr wichtig daran zu erinnern, dass Kontakte gemieden und Abstand eingehalten werde. Jede Virus-Variante könne zu schweren Verläufen führen, erklärt der Landrat. „Halten Sie sich an die Regeln und lassen Sie sich impfen und boostern. Damit schützen Sie sich und andere“, betont Görtz.
Ihm zufolge sind aktuell in den Impfstellen im Kreis innerhalb weniger Tage Termine buchbar. Es sei auch geplant, dass in den Impfstellen Impfungen ohne Termine angeboten werden, informiert Andreas Rehberg, Leiter des Bereichs „Sicherheit und Gefahrenabwehr“ beim Kreis. Eine Verschärfung der Kontrollen der 2 G-Plus Regeln hält der Landrat derweil ebenfalls nicht für angemessen. Zu Ansteckungen komme es nicht in Geschäften oder in der Gastronomie. Gäste und Kunden würden sich genau wie Geschäftsinhaber und Restaurantchefs in Stormarn sehr verantwortungsbewusst verhalten.
„Das meiste Infektionsgeschehen findet im häuslichen Umfeld und dort statt, wo keine Hygienekonzepte existieren“, stellt der Landrat klar. Und was sagt er zur von der SPD geforderten Einführung kostenloser Lolli-Coronatests für Kleinkinder? Nur so viel: „Der Landkreistag sowie die Gesundheitsämter befinden sich hinsichtlich der Teststrategie bei Kindern und Jugendlichen mit dem Land in Gesprächen.“

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