Fitmachen statt wegwerfen

Stormarner Tageblatt  21.02.2022

In Bad Oldesloe reparieren Seniortrainer Handys und Computer – und helfen, E-Schrott zu vermeiden

Die Seniortrainer (von links) Gerd Mahrt, Uli Raab und Herbert Hank reparieren und recyclen alte PCs, Laptops und auch Smartphones.   Susanne Rohde- Posern
Die Seniortrainer (von links) Gerd Mahrt, Uli Raab und Herbert Hank reparieren und recyclen alte PCs, Laptops und auch Smartphones. Susanne Rohde- Posern

Außerdem betreuen die Seniortrainer das Reparatur Café, das an jedem zweiten Montag von 14 bis 17 Uhr in der Schanze stattfindet. Anmeldungen sind bei der Volkshochschule unter 0 45 31 / 504140 möglich.

Susanne Rohde

Diese Zahlen übersteigen das Vorstellungsvermögen: In deutschen Haushalten sollen zurzeit mehr als 100 Millionen ausrangierte Handys, Smartphones und Tablets in Schränken und Schubladen herumliegen.
Viele Menschen kaufen sich nämlich alle zwei bis drei Jahre nur deshalb ein neues Tablet oder Smartphone, weil es nicht mehr dem neuesten technischen Stand entspricht. Aber weil die ausrangierten Geräte dringend benötigte Ressourcen wie Gold, Silber, Palladium und Kupfer enthalten, könnten sie umweltgerecht recycelt oder fachmännisch repariert wieder dem Markt zugeführt werden.
Hier kommen nun die Oldesloer Seniortrainer ins Spiel, denn zwischen „Bugs“ und „Bots“ haben sie ihr Metier gefunden. Wenn ein PC nicht mehr funktioniert oder ein Handy kaputt gegangen ist, dann erwacht bei den älteren Herren der Ehrgeiz, die Geräte wieder zum Laufen zu bringen.
Seit rund einem Jahr gibt es das Projekt „Recycling von Laptops, Tablets & Co.“ der Oldesloer Seniortrainer. Einmal im Monat treffen sich Hans-Ulrich Raab, Herbert Hank, Gerd Mahrt und Kai Anderßen im Nachbarschaftszentrum Schanze im Schanzenbarg 25, um hier defekte oder ausgediente Geräte zu reparieren und auf den neuesten Stand zu bringen.
Hier können die vier Tüftler mit ihrem Spezialwerkzeug schrauben, löten und herumwerkeln, bis die angelieferten oder gespendeten Tablets, Laptops und Smartphones wieder laufen. „Wir sind auf diese Idee gekommen, weil in der Corona-Zeit immer mehr Senioren vereinsamen. Umso wichtiger ist es, dass sie übers Internet am aktuellen Geschehen teilhaben können und digital mit der Außenwelt verbunden sind“, sagt Uli Raab, der ein Seniortrainer der ersten Stunde ist.
Das Projekt solle insbesondere anderen Seniorinnen und Senioren ermöglichen, die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen. Alte Geräte werden hier nicht nur repariert, sondern auch aufgerüstet und mit aktueller Software versehen.
Silvia Sterly brachte vor vier Wochen ihren defekten Laptop vorbei, jetzt will sie das reparierte Gerät wieder abholen. „Das Betriebssystem hat sich aufgehängt, nichts ging mehr. Ich bin technisch nicht sehr versiert. Sonst macht so was ja mein Sohn, aber der hat keine Zeit“, erzählt die 67-jährige, die das Angebot der Seniortrainer im Programmheft der Oldesloer Volkshochschule fand.
„Da war Software drauf, die hakte. Wir haben jetzt eine neue aufgespielt“, erklärt Herbert Hank und überreicht der freudestrahlenden Seniorin den reparierten Laptop. „Entsorgen wollte ich das acht Jahre alte Gerät noch nicht. Das ist ein tolles Angebot, ich bin echt glücklich“, sagt die Hambergerin über ihre Motivation, die Seniortrainer zu fragen.
Viele alte Geräte kommen als Spende rein, die dann nach der Reparatur weitergegeben werden. „Letztens hatten wir sogar das THW als Kunden, die brauchten dringend ein paar Handys und PCs für ihre Arbeit“, erzählt Uli Raab, der als studierter Physiker „vom Fach“ ist.
Auch die beliebten iPads werden hier repariert. „Für Apple haben wir einen Spezialisten, wir nennen ihn unseren Hacker“, lacht Uli Raab, für den auch der Recycling-Gedanke eine große Rolle spielt.
„Es wird viel zu viel weggeworfen, weil es nicht mehr dem neuesten Stand entspricht oder nicht mehr funktioniert“, kritisiert der Oldesloer. Durch eine Reparatur könne man nicht nur die Umwelt, sondern auch wertvolle Ressourcen schonen. „Wir machen aus drei alten Geräten ein neues“, sagt Herbert Hank.
„Zur Not können wir Computer auch neu aufsetzen. Alles, was von Menschen gemacht ist, kann nicht sicher und fehlerfrei sein. Da wird es immer Lücken geben“, sagt der 67-Jährige, der nicht nur Hobby-IT-Fachmann, sondern auch begeisterter Amateurfunker ist. Neben alten ausgedienten Geräten nimmt das Team auch gern alle möglichen Ersatzteile an.
Uli Raab hält ein so genanntes Motherboard in den Händen, das in einen alten PC eingebaut werden soll, der völlig „zerpflückt“ war. „Hier sind Milliarden von Transistoren drin. Das ist einfach zu schade zum Wegwerfen“, betont Gerd Mahrt. Manches könne allerdings nicht mehr repariert werden. „Man kann aus einem alten PC kein Rennpferd machen. ´Und manchmal wissen wir auch nicht weiter, dann machen wir uns bei Youtube schlau“, gesteht der diplomierte Elektroingenieur.
Die Seniortrainer gehen auch ab und zu in Schulen, um dort den Kindern im Unterricht die Elektronik näher zu bringen. „Wir wollen unsere Erfahrungen in der Lebenswende weitergeben und freuen uns, wenn wir helfen können. Aber es ist kein reiner Altruismus, sondern man lernt ja auch selbst was dabei“, betont Raab.
Das Recycling von IT-Geräten findet an jedem dritten Mittwoch im Monat vormittags von 9 bis 11 Uhr statt. Interessierte können entweder selbst alte Geräte mitbringen, gespendete Geräte in Empfang nehmen oder sich auch zeigen lassen, wie die IT-Geräte aufbereitet werden. Alles ist kostenlos, es sei denn, es müssen Ersatzteile gekauft werden.

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