Stormarner Tageblatt 12.03.2022
Wir müssen raus aus der Komfortzone
Susanne Link, Patrick Niemeier, Volker Stolten
Solidarität hat ihren Preis
Klimawandel, Corona-Pandemie und jetzt ein Krieg in Europa. Die letzten Jahre fordern der Gesellschaft viel ab. Und eine Sache eint die Themen. Es kommt zu Aufrufen, dass gehandelt werden muss, dass Solidarität gefragt ist, dass Verantwortung übernommen werden muss. Und jedes Mal zeigt es sich, dass es für manche Menschen schwierig wird, wenn es dann über die Theorie und ein paar geschwenkte Fahnen und in die Luft gereckte Plakate hinausgeht. Ist die eigene Komfortzone oder das Portemonnaie betroffen, werden manche Zweifel etwas größer. Doch tatsächlich müssen wir uns allgemein darauf einstellen, dass Verantworung übernehmen und Solidarität vorleben, eben auch eigene Einschränkungen mit sich bringt. So ist es beim Klimaschutz, wenn auf manche Flüge, Fahrten oder Plastik verzichtet werden soll. So ist es in der Corona-Pandemie, wenn eine Impfung oder Maskenpflicht nunmal dazugehören und so ist es jetzt bei der Forderung auf Gas und Öl aus Russland zu verzichten. Wenn das gelebt wird, dann werden die Benzinpreise noch deutlich steigen. Dann wird es zu Energieengpässen kommen, übrigens auch weil die Energiewende verpasst wurde. Die Situation ist natürlich komplexer. Selbstverständlich gibt es jetzt Unternehmen oder OPEC-Staaten, die an dem gestiegenen Ölpreis kräftig verdienen. Aber Fakt ist erstmal, dass der Schmerz im Portemonaie oder weil man eine längere Autofahrt dann doch nicht unternimmt, viel kleiner ist, als der der Menschen, die in Luftschutzbunkern sitzen, Angehörige verloren haben oder ihre Heimat verlassen müssen. Ich glaube nicht, dass man den Betroffenen in der Ukrainer nachvollziehbar erklären könnte, wie wütend manche Menschen in diesen Gefilden die Fahrt an die Zapfsäule angeblich macht. Solidarität kostet. Verantwortung übernehmen kostet. Und wichtige Entscheidungen haben Konsequenzen – auch für die eigene Komfortzone.
Der Müll der anderen
Es ist paradox: Einmal im Jahr ist in der Natur groß Reinemachen angesagt, machen Menschen – landauf, landab – das weg, was andere Menschen hinterlassen haben: Müll. Unrat in allen möglichen Variationen. Beispiel Bad Oldesloe: Da werden Zigaretten-Stummel achtlos auf den Bürgersteig oder die Straße geschnippt, obwohl an jeder Ecke Mülleimer, neuerdings sogar mit Öffnung für die Kippen, stehen. Auf denen, nicht in denen, stehen leere Flaschen. Kurz mal das Autofenster auf und raus mit den Fastfood- oder anderen Resten. Ist doch egal. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Von irgendwo herumliegenden Corona-Schutzmasken und Glasscherben, von willkürlich in der Botanik entsorgten Altlasten wie Farbeimer, Teppichen und Co. ganz zu schweigen. Schämt euch. Pfui Teufel! Solange es Menschen gibt, wird es neben vielen anderen Problemen auch dieses geben, leider. Andererseits ist es schön, dass es Menschen gibt, die verstanden haben, und einmal im Jahr, 2022 am 12. März, aufräumen – auch vielerorts im Kreis Stormarn. Kehraus für die Umwelt.
Von Ahrensburg bis Trittau rücken die Putzkolonnen mit Besen, Schaufeln, Eimern und Reinigungsmitteln dem Mist auf die Pelle und schaffen wenigstens für kurze Zeit ein sauberes Stormarn. Unsere Karikatur lässt grüßen. Das ist mehr als lobenswert, wäre aber gar nicht nötig, wenn alle ein Herz für die Umwelt, für unseren Planeten, für Mutter Erde hätten, die eh schon gebeutelt genug ist. Aber eher fallen Weihnachten und Ostern auf einen Tag. So trifft der Begriff ins Schwarze: Wegwerfgesellschaft!
Scham & Schweigen
Mit listigen Tricks verschaffen sich manche Kriminellen den Zutritt zu fremden Wohnungen. Die sogenannten Trickdiebe. Sie fragen beispielsweise nach einem Glas Wasser oder täuschen vor von den Stadtwerken zu sein. Die späteren Opfer öffnen ihnen bereitwillig die Tür, lassen sie herein und fühlen sich im Nachhinein elend. Wieso sind sie bloß auf die Kriminellen hereingefallen? Sie schämen sich für ihre vermeintliche Dummheit. Manche Geschädigten melden sich deshalb nicht bei der Polizei oder Hilfsorganisationen wie dem Weißen Ring. Das ist aus zweierlei Hinsicht nicht ratsam. Zum einen weil das, was aus Scham und falsch verstandener Stärke verschwiegen wird, belastet. Und das teilweise immens. Das Vertrauen zu Menschen ist gestört und der geschützte Raum Zuhause plötzlich überhaupt nicht geschützt. Organisationen wie der Weiße Ring können hier helfen. Zum anderen, weil die Polizei nur ermitteln und die Täter schnappen kann, wenn die Taten zur Anzeige gebracht werden, Deshalb ist es grundsätzlich empfehlenswert, die Polizei ins Boot zu holen.