„Absichtlich in die Länge ziehen“?

Stormarner Tageblatt  20.06.2022

Teure Mieten in Bad Oldesloe: Sonderausschuss soll Kommunalen Wohnungsbau voranbringen

Finn Fischer

Genug Wohnungen, Häuser und günstige Mieten für alle: Das soll dabei herauskommen, wenn Bad Oldesloe selbst Grundstücke erwirbt, Wohnungen baut und vermietet. Ob dieses theoretische Modell auch in der Praxis funktioniert, will die Politik in Sondersitzungen diskutieren.
Dass das ein langer Prozess werden dürfte, zeichnete sich jetzt erneut im Wirtschafts- und Planungsausschuss ab. Letztendlich hatten sich die Mitglieder auf einen Sonder-Ausschuss geeinigt. Zuvor schlugen Stadtverwaltung und einzelne Mandatsträger vor, einen Arbeitskreis einzurichten. Doch das war einigen der Ausschussmitgliedern dann doch zu viel Hinterzimmerpolitik.
„Arbeitskreise sind nicht öffentlich und ich möchte, dass bei diesem Thema größtmögliche Transparenz herrscht“, sagte Annika Dietel (SPD). Sie hätte über den Komplex Kommunaler Wohnungsbau ohnehin lieber sofort ausführlich diskutiert: „Es wurde jetzt schon zwei Mal vertagt und ich bekomme langsam den Eindruck, dass es einigen hier darum geht, den Prozess absichtlich in die Länge zu ziehen.“ Auch ohne künstliche Verzögerungen dürfte es noch Jahre dauern, bis die erste städtische Wohnung gebaut und vermietet ist – wenn es denn überhaupt dazu kommt.
Fraktionskollege Hans-Herrmann Roden (SPD) formulierte im Ausschuss schon mal seinen Anspruch an das städtische Wohnungsbau-Konstrukt – wie auch immer das einmal aussehen wird: „Ich möchte Einfluss darauf nehmen, was wo wann gebaut wird.“ Der erste Schritt müsse sein zu diskutieren, was die Politik will und in welcher Form das umsetzbar sei.
Stadtverwaltung sieht PersonalproblemeHeike Feig, Leiterin des Fachbereichs Innerer Service bei der Stadtverwaltung, referierte über die Probleme, die auf die Stadt zukommen könnten, wenn sich die Politik für einen Eigenbetrieb entscheidet: „Je nach Modell hat das große personelle Auswirkungen. Einige Fachkräfte sind am Markt regelrecht eine Rarität und außerdem haben wir derzeit noch ein Raumproblem.“
Planen, bauen, vermieten, sanieren. Das alles, so Feig, müsse durch Mitarbeiter der Stadtverwaltung bewerkstelligt werden: „Und neben den finanziellen Auswirkungen muss das alles auch noch steuerrechtlich ausgearbeitet werden.“ Denn ab 2023 seien alle Leistungen einer Verwaltung umsatzsteuerpflichtig.
CDU: Wohnungsverband nach Starnberger ModellDoch es gibt nicht nur den Eigenbetrieb als mögliches Modell. Tom Winter (Stadtfraktion): „Die Gründung einer Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft wäre eine weitere Möglichkeit, bei der die Stadt vielleicht gar nicht selbst als Bauherr auftritt.“ Und noch sinnvoller sei es, auf Kreisebene zu denken.
Ähnlich sieht das auch Jens Wieck (CDU) und nannte als Beispiel den Landkreis Starnberg bei München. Der dortige „Verband Wohnen“ errichtet, bewirtschaftet und verwaltet Wohnungen. Außerdem hat er die Aufgabe, im Einvernehmen mit den Mitgliedsgemeinden Grundeigentum zu erwerben, Erbbaurechte zu bestellen und Grundstücke zu erschließen, zu veräußern, zu vermitteln und zu tauschen. Alles ohne Gewinnabsicht.
Grundsätzlich skeptisch sieht die Wählergemeinschaft FBO den Einstieg in den Kommunalen Wohnungsbau: „Egal welche Form. Es braucht eine Anschubfinanzierung, Räumlichkeiten und Mitarbeiter“, betonte Manfred Lieder. Es sei ein Trugschluss, so Lieder weiter, alles könne mit niedrigen Mieten finanziert werden.
Hendrik Holtz (Die Linke) sieht das freilich anders. Der Staat müsse für seine Bürger da sein und für günstige Mieten sorgen: „Die Tatsache, dass seit Jahrzehnten jeder die Verantwortung auf den anderen schiebt, führt dazu, dass wir immer wieder in eine Sackgasse kommen. Und wir haben mit dem Hölk ein populäres Beispiel was passiert, wenn man Investoren alles überlässt.“

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