Stormarner Tageblatt 16.07.2022
Notfallplan: Kommunen bereiten sich auf mögliche Energiekrise vor / „Die Lage ist ernst“
Finn Fischer
Anfang der Woche hat Gazprom die Gaspipeline „Nord Stream 1“ aufgrund von Wartungsarbeiten abgeschaltet. Ob sie wieder in Betrieb genommen wird, ist weiterhin unklar. Selbst wenn, könnte das Gas in den Wintermonaten knapp oder zumindest extrem teuer werden. „Falls Deutschland der Gashahn abgedreht wird, gehören Privathaushalte zu den besonders geschützten Kunden. Bei ihnen würde also erst als letztes Energie rationiert“, sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert, der dpa. Noch besser wäre es, wenn die Gas-Vorräte reichen und Einschränkungen überhaupt nicht notwendig würden.
Stadt will Politik nach der Sommerpause Energiespar-Vorschläge machen
Viele Städte arbeiten deswegen an Krisenplänen. Auch in Stormarn. Die Stadtverwaltung in Bad Oldesloe prüfe derzeit intensiv eine Reihe an konkreten zusätzlichen Einsparmöglichkeiten, wie Bürgermeister Jörg Lembke auf Anfrage des Stormarner Tageblatts sagt.
Eine Möglichkeit wäre es, die Temperaturen in öffentlichen Gebäuden anzupassen. Laut Bürgermeister Lembke ist über eine Nutzung der vorhandenen Gebäudeleittechnik (GLT) bereits jetzt eine sehr differenzierte Steuerung unter anderem der Heizungen möglich.
Sukzessive und im Zuge von Neubau- oder Sanierungsmaßnahmen werden der Einbau von Bewegungsmeldern, die weitere Umrüstung auf LED-Beleuchtung objektbezogen komplett für Gebäude umgesetzt. Auch die Umsetzung von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Gebäuden, sofern der bauliche Zustand des Objektes geeignet ist und die statischen Voraussetzungen gegeben sind, wird weiter verfolgt. Die Straßenbeleuchtung wird noch in diesem Jahr komplett auf LED umgestellt werden.
Dabei soll es nicht bleiben. Weitere mögliche Maßnahmen und Einsparpotenziale werden durch die Verwaltung aktuell gesammelt, geprüft und den politischen Gremien nach der Sommerpause vorgestellt. „Die Lage ist ernst“, sagt Bürgermeister Jörg Lembke und appelliert an das Engagement der Bürger und der lokalen Wirtschaft: „Nicht nur die Stadtverwaltung, sondern alle Einwohnerinnen und Einwohner und jedes Unternehmen kann im eigenen Umfeld und im eigenen Bereich etwas zum Energiesparen beitragen.“ Angesichts der aktuellen Energieversorgungslage gehe es schlichtweg darum, den Verbrauch zu drosseln, um Energie zu sparen – und zwar in allen Bereichen, merkt der Verwaltungschef weiter an.
Auch Ahrensburg bereitet sich auf eine mögliche Gasmangellage vor. In einem ersten Schritt wird mit Blick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Ukraine-Konflikts, insbesondere auf dem Energiesektor und die Bevölkerung in Ahrensburg, ein Kompetenzteam aus den einschlägigen Bereichen der Stadtverwaltung ins Leben gerufen. Anfang Juli wurde bereits entschieden, dass das Badlantic aufgrund der Gaskrise die Sommermonate über geschlossen bleibt. Badlantic-Betriebsleiter Kay-Peter Thiede: „Auch während der Sommermonate haben wir im Hallenbad durch die Warmwasserbeheizung der Becken einen hohen Energieverbrauch.“ Dieser stehe allerdings in keiner vertretbaren Relation zur Anzahl der Hallenbad-Nutzer. Weitere Einsparungen in öffentlichen Einrichtungen in Ahrensburg werden sich im Zuge der Arbeitsergebnisse und Empfehlungen des Kompetenzteams voraussichtlich spätestens mit Beginn der Heizperiode 2022/ 2023 ergeben.
„Die Schließung des Hallenbades des badlantic und die Einschränkung des Saunabetriebs der ,Cottage Sauna’ sind richtungsweisend und tragen jetzt schon zu einer Reduzierung des Energieverbrauchs kommunaler Einrichtungen in Ahrensburg bei“, sagt Fabian Dorow, Sprecher der Ahrensburger Stadtverwaltung.
Kompetenzteam nimmt im August die Arbeit auf
Das angedachte Kompetenzteam wird wohl Anfang August seine Arbeit aufnehmen und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen im Energiesektor für die Lebenslagen der kommunalen Daseinsvorsorge in Ahrensburg erarbeiten. Mit Spannung erwartet die Verwaltung das Ende der Wartung von Nord Stream 1. Dann werde sich zeigen, ob es zur Ausrufung der Notfallstufe 3 kommen wird. Fabian Dorow: „Spätestens dann werden auch von Seiten der Bundesregierung entsprechende Verordnungen zur Energieeinsparung erwartet.“