Stormarner Tageblatt 12.11.2022
Die Zeit der Entscheidung
von Patrick Niemeier und Finn Fischer
Eine Frage der (Mit-)bestimmung
Lokalpolitikern geht es oft wie Schiedsrichtern in Amateur-Ligen – ihr Ehrenamt ist wichtig, aber nicht beliebt. Denn zumeist ist nach einer Entscheidung irgendwer wütend oder man zweifelt ihre Entscheidungen an. Es gibt auch eine andere Parallele, denn sowohl Schiedsrichter als auch Lokalpolitiker sollten sich fragen, was sie antreibt. Warum haben Sie sich für dieses Hobby entschieden? Weil sie überzeugt sind, objektiv richtige Entscheidungen zu treffen, oder weil sie Lust am Entscheiden haben? Leider fällt es immer wieder auf, dass es in der Lokalpolitik in Stormarn bei verschiedensten Themen so abläuft, dass Entscheidungen darauf beruhen, was man subjektiv gut findet oder subjektiv glaubt. Das geht dann häufig an Objektivität vorbei, am Ende steht dann mehr Frust als sein muss.
Es wäre vielleicht eine ehrliche Möglichkeit, dass sich Lokalpolitiker als Schiedsrichter in lokalen Fragen sehen, die objektiv das Beste für die Städte und Gemeinden entscheiden und nicht weil Anträge von einer bestimmten Seite kommen oder weil man selbst für ein Thema mehr brennt als für ein anderes. Und wenn die Antwort lautet, dass man eigentlich nur gerne entscheidet und seine persönliche Meinung durchdrücken möchte, dann sollte man sein politisches Mandat abgeben und sich lieber in einem Verein engagieren, der sich genau um dieses Thema kümmert.
Eine Frage der (Mit-)bestimmung II
Woher kommt er Frust mit Blick auf lokalpolitische Entscheidungswege? Gehen wir das alles mal überspitztmit einem fiktiven Beispiel durch. Ein Problem taucht auf.Je nachdem wie drängend dieses ist, betont die Mehrheit der politischen Vertreter, dass das Problem natürlich gesehen werde und es sei wichtig. Allerdings kommen dann – selbst bei großer, scheinbarer Einigkeit – erste Bedenken auf. Vielleicht müsse man erstmal genauere Gutachten abwarten und Erhebungen machen. Dann könne man Standards definieren und anhand dieser Standards könne man dann nochmal den Ist-Zustand abgleichen. Wenn dann festgestellt wird, dass der Ist-Zustand nicht so ist, wie man sich das als Standard wünscht, wird ein Arbeitskreis gegründet, der herausarbeitet, wie man denn zu dem gewünschten Soll-Zustand kommen könne. Das wird erneut abgestimmt, es gibt neue Bedenkenträger und eventuell beginnt der Prozess sogar von vorn. Und am Ende sind Jahre ins Land gezogen und in zu vielen Fällen kommt die Umsetzung nichtmal mehr eineM Kompromiss gleich. An diesen Strukturen müsste man arbeiten, um Frust zu verringern.
Eine Frage der Dringlichkeit
CDU, FDP und WfB haben in Bargteheide eine Reihe von Klimaschutz-Anträgen von der Agenda gestrichen. Unter anderem den Zuschuss für Mini-PV-Anlagen, auch Balkonkraftwerke genannt. Die Argumentation: Bringt nicht viel, zu teuer. Schade, denn das lässt sich auf so gut wie jedes Klimaschutzprojekt anwenden. Keines alleine wird die Klimakrise lösen oder den Klimawandel aufhalten. Es braucht eine Vielzahl von Maßnahmen, die in ihrer Summe dann eben doch einen Unterschied machen. Die Förderung von Balkonkraftwerken oder auch die von Baumpflanzungen hätte Bargteheide gut zu Gesicht gestanden. Auch wenn beides nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“ ist, es wäre ein Signal gewesen. Das, dass die Politik alles unternimmt, um das Ziel „Bargteheide Klimaneutral bis 2035“ zu erreichen. Ohne (viel) Geld in die Hand zu nehmen, wird dieses Ziel nicht zu erreichen sein. Bargteheide hätte Vorbild für andere Gemeinden werden können.