„Schachtmeyer“ schließt

Stormarner Tageblatt  17.11.2022

Pelz- und Modeatelier in Bad Oldesloe hört im kommenden Jahr auf

Torsten von Schachtmeyer in seinem Geschäft in Bad Oldesloe.  Susanne Rohde Posern
Torsten von Schachtmeyer in seinem Geschäft in Bad Oldesloe. Susanne Rohde Posern

Susanne Rohde-Posern

Es ist eines der letzten traditionsreichen Familienunternehmen in der Kreisstadt. Seit fast 100 Jahren steht das „Pelz- und Modeatelier Rudolf von Schachtmeyer“ für professionelles Kürschnerhandwerk.
Das Geschäft, das von Kürschnermeister Torsten von Schachtmeyer in dritter Generation geleitet wird, wird Anfang des kommenden Jahres endgültig seine Türen schließen. Jetzt gibt es einen Räumungsverkauf mit einem Preisnachlass von 50 Prozent auf alle Waren.

Kürschnerhandwerk ein sterbender Berufsstand
Als Geschäftsgründer Rudolf von Schachtmeyer kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus Trümmersteinen mit einem Gesellen sein Haus in der Hamburger Straße 51 in Bad Oldesloe eigenhändig aufbaute, herrschten noch Hunger und Zerstörung in der Kleinstadt. Rudolf von Schachtmeyer, der 1929 seinen renommierten Betrieb in Breslau gegründet hatte, war mit seiner Familie nach Bad Oldesloe geflohen, wo eine Tante wohnte.
Hier baute sich die Familie von Schachtmeyer nach und nach eine neue Existenz sowie einen eigenen Kürschnerbetrieb mit Werkstatt, Wohnhaus und Verkaufsraum auf. Bald herrschte Aufbruchstimmung und das Geschäft, das 1973 von Sohn Martin von Schachtmeyer übernommen wurde, florierte und erweiterte sich beständig.
„Jede Frau wollte damals in den 1970er Jahren einen Persianer und in den 1980er Jahren einen Nerz haben. Das waren Statussymbole“, sagt Torsten von Schachtmeyer, der das Geschäft im Jahr 2000 von seinem vor drei Jahren verstorbenen Vater Martin übernommen hat.
Der 62-Jährige ist gebürtiger Oldesloer und wurde quasi mit Pelzen und Fellen groß.
Das Kürschnerhandwerk, ein aussterbender Berufsstand, liegt ihm in den Genen. „In den 1970er Jahren gab es noch 400 Kürschner im Großraum Hamburg, jetzt sind es nur noch drei. Wir sind hier weit und breit das einzige Geschäft mit Pelzen“, sagt Torsten von Schachtmeyer mit Wehmut in der Stimme.
Denn mit dem Ende seines Betriebes gehe auch eine Menge Know-How und Erfahrung über die Verarbeitungstechnik verloren. Das Motto der Firma lautete stets „Innovation und hoch qualifizierte handwerkliche Tradition“. Und für sein trendsetzendes, modisches Schaffen wurde der Betrieb von Schachtmeyer immer wieder national und international mit den höchsten Preisen ausgezeichnet. Rund 50 Goldmedaillen können im Laden begutachtet werden.
Mehr als 100 Lehrlinge wurden seit 1947 im Hause von Schachtmeyer erfolgreich ausgebildet, in den letzten zehn Jahren allerdings gar keiner mehr. In seinen besten Jahren hatte der Betrieb 26 Angestellte, jetzt seien es nur noch drei Mitarbeiter.
„Unser Bestand ist noch sehr groß, denn seit einigen Jahren ist der Umsatz stark rückläufig. Wir haben immer mehr Minus gemacht. Die Lust auf Pelz lässt immer mehr nach, die Aussichten sind schlecht“, erzählt der Kürschnermeister. „Nur Lammfell lässt sich noch gut verkaufen, denn das wird nicht als Pelz gesehen“. sagt Torsten von Schachtmeyer.
Die Kollektion aus Lammfell, Leder und Pelzen aller Art im rund 300 Quadratmeter großen Laden ist riesengroß. Die Hälfte der Jacken und Mäntel sind selbstgefertigte Unikate. Nun hofft Torsten von Schachtmeyer auf zahlreiche Kunden, die im Ausverkauf noch ein „Schnäppchen“ machen wollen.

Großteil der Kundschaft sind Frauen
Der Großteil seiner Kundinnen – rund 85 Prozent der Kundschaft seien Frauen – komme aus Hamburg. Den Winter über hat das Geschäft von Montag bis Freitag von 10 bis 13 Uhr und von 14.30 bis 18 Uhr sowie sonnabends von 10 bis 13 Uhr geöffnet. „Spätestens im April werden wir das Geschäft endgültig schließen“, sagt Torsten von Schachtmeyer.

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