Kita-Krise verschärft sich

Stormarner Tageblatt  31.01.2023

Demo und Podiumsdiskussion in Bad Oldesloe angekündigt

Auch in der von Jana Schmidt geleiteten Kita Moordamm sorgt man sich um die künftige Betreuung der Kinder.  Joshua Hirschfeld
Auch in der von Jana Schmidt geleiteten Kita Moordamm sorgt man sich um die künftige Betreuung der Kinder. Joshua Hirschfeld

Patrick Niemeier

Jana Schmidt ist besorgt. „Am 1. Februar werden wieder die Kita-Plätze vergeben. Dann wird es erneut Familien geben, die merken, dass sie in Bad Oldesloe keinen Platz bekommen“, sagt die Leiterin der Kita am Moordamm in Bad Oldesloe.
Kita-Krise? Kita-Notstand? „Ich spreche ehrlich gesagt in Bad Oldesloe schon von der Kita-Katastrophe“, sagt Schmidt. Wenn sie höre, dass es ja nur wenige betroffene Familien in Bad Oldesloe gebe, die keinen Kita- oder Krippen-Platz für ihre Kinder bekämen, falle ihr dazu nur wenig ein. „Ich würde dann gerne Anrufe direkt an die Stadt weiterleiten“, sagt Schmidt. „Menschen ziehen nach Bad Oldesloe. Kaufen hier Häuser oder haben eine Wohnung gemietet und denken, sie können bald wieder arbeiten gehen. Und dann bekommen sie keinen Kita-Platz, der ihnen wohlgemerkt zusteht“, sagt sie.
Sie erinnert dabei an das Wohngebiet am Claudiussee: „Dort ist eine Kita versprochen worden. Aber gebaut wurde keine und es ist auch keine in Sicht.“ Doch woher kommt eigentlich das Betreuungsproblem? Das liegt vor allem am Kita-Gesetz und an dem neuen Betreuungsschlüssel. Grundsätzlich keine schlechte Idee, findet Jana Schmidt: „Die Qualität zu erhöhen, ist gut und richtig. Auch, dass man Qualitätsstandards einführt.“ Aber dann müsse auch für genügend Fachkräfte gesorgt werden.
Was die Konzepte angehe, sei das Kita-Gesetz sogar zum Teil ein Rückschritt. „Offene Konzepte, wie sie in Kitas heutzutage modern sind, sind gar nicht mitgedacht. Man muss sich das dann irgendwie so basteln, dass es passt“, sagt Schmidt. Wenn das alles so weitergehe, würden vor allem kleine Träger in die Knie gehen. „Spätestens dann fällt das der Stadt und uns allen auf die Füße“, warnt Schmidt.
Der Hauptpunkt sei aber, dass es dringend mehr Fachkräfte brauche. Die Ausbildung sei unattraktiv, die Bezahlung und Aufstiegschance bei gleichzeitig viel Verantwortung stünden in keiner Relation. In Bad Oldesloe hätte man die Ausbildungen gerne durch das Konzept der „praxisintegrierten Ausbildung“ – kurz Pia – attraktiver gemacht. Dabei sind von Anfang an Theorie und Praxis eng verknüpft und die Auszubildenden sind direkt mit in den Kita-Alltag eingebunden.
Auszubildende im Pia-Konzept erhalten außerdem eine Vergütung. Für die Einrichtung solcher Ausbildungsplätze an den Oldesloer Kitas hatte man auf finanzielle Unterstützung durch die Stadt Bad Oldesloe gerechnet – und war abgewiesen worden. „Es hieß, das sei ja generell eine gute Idee, die man mal bedenken müsse – das war es dann aber auch“, sagt Schmidt. Spätestens jetzt sei klar, dass es auch 2023 dieses Konzept in Bad Oldesloe nicht geben werde.
„Wir verlieren also wieder eine Generation an möglichen neuen Fachkräften, die jetzt nicht bei uns anfangen“, wird Schmidt deutlich.
Von der Lokalpolitik fühle man sich in großen Teilen nicht wirklich ernst genommen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass man in einer solchen Situation mit einem „Wir sind nicht zuständig“ abgewiesen werde. Es werde offenbar übersehen, dass Kitas die erste Bildungseinrichtung seien, die Kinder besuchen. Viele Probleme, die sich später in den Schulen oder der Gesellschaft zeigen, könnten in Kitas erkannt und schon viel besser verhindert werden. Die gesellschaftliche Aufgabe der Kitas werde häufig unterschätzt. Die in der Kita gelegten Grundlagen seien enorm wichtig. Sie seien außerdem ein Frühwarnsystem für Probleme der Kinder und Familien.
„Die gewählten Oldesloer Lokalpolitiker sind unsere ersten Ansprechpartner. Sie sind die Volksvertreter hier vor Ort. Und wenn sie glauben, dass sie nicht zuständig sind, dann ist es ihre Aufgabe, damit an den Kreis oder das Land heranzutreten“, teilt Schmidt die Überzeugung vieler Kita-Mitarbeiter und Eltern mit. Es gebe viele und kleine Drehschrauben und Ansatzpunkte, an denen man arbeiten könne. „Und wir sind überzeugt davon, dass auch wir hier vor Ort und die Lokalpolitiker noch Dinge bewegen können“, sagt sie. Die Themen reichen von Ausbildungsförderung über Kita-Neubau bis zur Fachkräftegewinnung.
Am 4. Februar möchte man nun noch sichtbarer werden. Von 10 bis 13 Uhr findet dann eine Demonstration unter dem Motto „Kita in OD – Zeit zu handeln“ statt. Der genaue Ablauf stehe noch nicht fest.
Am 12. Januar waren 31 Personen zu einem ersten Treffen zu diesem Thema erschienen. „Eltern, Fachkräfte, Kita-Leitungen, Kita-Träger“, zählt Schmidt auf. Gemeinsam habe man sich das Ziel gesetzt, die Situation jetzt zu verbessern. „Wir wollen politische Verantwortungsübernahme und Lösungswillen voranbringen“.
Für den 6. Februar ist von 20 bis 22 Uhr außerdem eine Podiumsdiskussion in der Festhalle geplant. Es seien Vertreter aus der Wirtschaft und der Lokalpolitik eingeladen worden. Bürgermeister Jörg Lembke und Vertreter der Verwaltung haben laut Schmidt bereits zugesagt.
Außerdem habe man eine Homepage zu dem Thema erstellt, eine Petition gestartet und man sei auf den Social-Media-Plattformen präsent.

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